INTERVIEW

„Das ist ein grundlegender Fehler im Gesetz“

von Redaktion

Aktionärsschützerin über die Chancen der Varta-Aktionäre und die umstrittene Rechtsgrundlage

Varta will seine Aktionäre zugunsten der Platzhirsche Porsche und Michael Tojner langfristig aus dem Konzern drängen. Daniela Bergdolt von der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz verurteilt dieses Vorgehen und fordert, die Rechtsgrundlage dafür zu streichen.

Varta will seine Aktionäre enteignen, um einen Schuldenschnitt zu erreichen. Wie beurteilen Sie das?

Wer an einem Unternehmen beteiligt ist, muss auch mit Verlusten rechnen. Wenn das Unternehmen nicht mehr lebenswert ist, geht es die Insolvenz. Aber wenn es wie bei Varta ein etabliertes Geschäftsmodell gibt, müssen alle Aktionäre die Chance bekommen, weiter am Unternehmen teilzuhaben. Das bedeutet: Damit die Gläubiger einen Schuldenschnitt, wie er hier nötig ist, akzeptieren, muss das Kapital der Aktionäre auf null gesetzt werden, sie verlieren ihr Geld. Dann gibt es eine Kapitalerhöhung, bei der das entschuldete Unternehmen sich frisches Geld besorgt. Varta plant aber, alle Aktionäre mit Streubesitz auszuschließen und nur Porsche und Michael Tojner den Wiedereinstieg zu ermöglichen. Die übernähmen dann ein schuldenfreies Unternehmen auf Kosten der anderen Aktionäre, die für den Schuldenschnitt mit ihrem Kapital bezahlt haben.

Ist das so überhaupt zulässig?

Ja, leider. Das ist ein grundlegender Fehler im Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, den die Politik übersehen hat. Ich appelliere dringend, dieses Gesetz in der nächsten Legislaturperiode zu ändern. Die Politik kann nicht fordern, dass jetzt alle für ihre Altersvorsorge in Aktien investieren sollen und es gleichzeitig erlauben, dass die Aktionäre von eigentlich lebensfähigen Unternehmen kalt enteignet werden. Wenn die Varta-Eigentümer aus dem Unternehmen gedrängt werden, fassen die doch nie wieder eine Aktie an.

Weshalb geht Varta diesen Weg?

Weil das Gesetz nicht vorsieht, die Kleinaktionäre einzubeziehen. Deshalb tun sie es nicht. Für Michael Tojner und Porsche ist es der einfachere Weg, sich das Unternehmen Varta relativ günstig und ohne kritische Gegenrede der anderen alten Eigentümer zu sichern. Interview: Matthias Schneider

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