Der Agrarkonzern Baywa hat hohe Schulden. Die gestiegenen Zinsen bringen ihn nun in Probleme. © IMAGO/Michael Bihlmayer
München – In den Turbulenzen rund um die Baywa erhöht die Opposition den Druck auf die bisher schweigende Staatsregierung. Die Bayern-SPD fordert eine Rettung der Baywa, sofern sich die Probleme verschärfen, sowie einen Schutz für Landwirte. „Ein Zusammenbruch der Baywa hätte nicht nur fatale Auswirkungen auf die Konzernbeschäftigten, sondern würde auch die landwirtschaftliche Versorgungskette im Freistaat empfindlich stören“, schreibt der SPD-Landtagsabgeordnete Harry Scheuenstuhl in einem Brief an Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber.
Konkret geht es um die Bezahlung der Getreidelieferungen von Landwirten an die Baywa. Der Konzern musste vor einigen Tagen bereits besorgte Bauern beruhigen, dass ihre Ernte bezahlt werde. „Das Geld für die aktuellen Getreidelieferungen der Landwirte ist entsprechend den Vorjahren in den Zahlungsausgängen eingeplant“, bekräftigte ein Baywa-Sprecher. Der Bayerische Bauernverband riet Landwirten jedoch dazu, einen Eigentumsvorbehalt zu vereinbaren.
Laut Scheuenstuhl drohen Landwirten im Falle einer Insolvenz der Baywa dennoch Einbußen. Sollte die Baywa in so einem Szenario das gelieferte Getreide bereits weiterverkauft haben, das dafür erhaltene Geld aber nicht an die Bauern weitergeben, könnten diese lediglich Forderungen in der Insolvenztabelle anmelden. „Ohne den entsprechenden verlängerten Eigentumsvorbehalt bliebe der Erzeuger gänzlich auf dem finanziellen Schaden sitzen“, so Scheuenstuhl. Er appelliert deshalb an die Staatsregierung, „alle verfügbaren Mittel und Kapazitäten des Freistaats zu mobilisieren“, um den Schutz der Landwirte zu gewährleisten und das Unternehmen zu stabilisieren.
Das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus von Michaela Kaniber (CSU) wollte das Schreiben an ihr Ministerium auf Nachfrage nicht kommentieren und verwies auf das Wirtschaftsministerium von Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Auch das Wirtschaftsministerium hatte zuvor eine Stellungnahme abgelehnt. Experten können sich jedoch durchaus vorstellen, dass die Staatsregierung der Baywa und den Bauern beispielweise mit Garantien beispringen könnte, sollte sich die Lage weiter zuspitzen. „Die Landwirte sind traditionell eine starke Wählergruppe von CSU und Freien Wählern“, so ein Branchenkenner, zudem seien in die Baywa-Krise diverse CSU-Mitglieder wie Ex-Chef Klaus Josef Lutz, Ex-Aufsichtsratschef Manfred Nüssel oder die Europa-Parlamentarierin Monika Hohlmeier involviert. „Sollte die Baywa entgegen der aktuellen Erwartungen Zahlungsprobleme bekommen und Landwirte davon betroffen sein, würde das enorme Unzufriedenheit schüren.“
Am Dienstag gab es bei der Baywa auch erste personelle Konsequenzen: Nach einem Bericht des „Handelsblatt“ ist die Finanzchefin der für das Geschäft mit Erneuerbaren Energien zuständigen BayWa r.e., Mihaela Seidl, mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Ein Sprecher bestätigte gegenüber der dpa, dass „notwendige Personalmaßnahmen zur Leistungssteigerung durchgeführt werden“. Laut Unternehmensinsidern erhöhe das auch den Druck auf den Baywa-Finanzchef Andreas Helber.
Die Baywa hatte vor einer Woche bekanntgegeben, dass sie ein Sanierungsgutachten beauftragt hat. Seither ist der Aktienkurs um mehr als die Hälfte eingebrochen, auch die Anleihekurse gaben nach. Besonders hohen Kapitalbedarf hat der Bereich für Erneuerbare Energien, in dem Milliardensummen gebunden sind. Insgesamt hat der Traditionskonzern mit rund 25 000 Mitarbeitern etwa sechs Milliarden Euro Schulden.
ANDREAS HÖSS