Solarboom belastet die Stromnetze

von Redaktion

Auf deutschen Dächern gibt es immer mehr Solaranlagen. Ausbauziele der Bundesregierung werden übertroffen. Der Boom hat aber Folgen.

Installation eines Solardachs in Baden-Württemberg: Im Jahr 2023 hat sich der Zubau an Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) in Deutschland verdoppelt. © Bernd Weißbrod, dpa

Berlin – Der Boom der Solarenergie in Deutschland erschwert laut einer Untersuchung die Steuerung der Stromnetze. In einer Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin heißt es, die Solarstromerzeugung sei stark um die Mittagsstunden sonniger Tage konzentriert. „Dies kann in den Stromnetzen, vor allem auf der Verteilnetzebene, zu zeitweisen Engpässen führen.“

Bereits vorhandene Flexibilität bei der Netzintegration von Photovoltaik (PV) werde nicht immer optimal eingesetzt, heißt es. So seien zuletzt viele PV-Anlagen in Gebäuden in Kombination mit Batteriespeichern installiert worden. Diese erlaubten es den Haushalten oder Gewerbetreibenden, den Anteil ihres selbst genutzten PV-Stroms zu vergrößern. „Allerdings gibt es kaum Anreize, diese Speicher möglichst netz- oder marktorientiert einzusetzen, da weder die Einspeisevergütung noch in der Regel die Haushaltsstromtarife entsprechende Signale dafür geben: Vergütungen und Preise sind für jede Kilowattstunde gleich, unabhängig vom aktuellen Marktpreis“, heißt es in der Studie.

So könne es beispielsweise zu der Situation kommen, dass die PV-Speicher in den Sommermonaten in den Stunden der höchsten PV-Erzeugung bereits vollgeladen seien und die Anlagen dann mit voller Leistung in das Netz einspeisen. Dies belaste die lokalen Stromnetze. Um Stromnetze effizienter zu steuern, ist laut Studie mehr Tempo beim Einbau „intelligenter“ Stromzähler erforderlich. „Durch den erfreulich hohen Ausbau der PV ergibt sich nun eine zunehmende Spitzeneinspeisung mit Schwerpunkt an sonnigen Tagen im Sommer über die Mittagszeit“, sagte Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft. Das stelle Stromnetzbetreiber immer häufiger vor Herausforderungen. „Damit systemkritische Netzzustände gar nicht erst entstehen, sind kurz- aber auch mittelfristig Maßnahmen nötig, die drei Bedingungen erfüllen: Netzstabilität weiter auf hohem Niveau gewährleisten, den Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter ermöglichen, Machbarkeit für die Netzbetreiber sicherstellen“, so Andreae.

Sie sprach sich dafür aus, die Wirkleistungsbegrenzung wieder einzuführen, die im Zuge der Energiekrise 2022 abgeschafft worden sei. „Sie bewirkt, dass PV-Anlagen noch vor dem Erreichen ihrer maximalen Leistung gebremst werden – ähnlich wie das bei Sportwagen der Fall ist, die zwar theoretisch 300 km/h fahren könnten, aber aus Sicherheitsgründen bei 250km/h abgeregelt werden. Eine weitere Maßnahme wäre eine bessere Steuerbarkeit der Einspeisung durch die Netzbetreiber. Hierfür bräuchte es jedoch einen schnellen Hochlauf intelligenter Messsysteme.“

Der Ausbau der Solaranlagen hat deutlich Fahrt aufgenommen. Im vergangenen Jahr verdoppelte sich der Zubau nach Zahlen der Bundesnetzagentur im Vergleich zum Vorjahr auf nahezu 14 Gigawatt. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums betrug Ende Juni die gesamte Leistung der installierten Solaranlagen mehr als 90 Gigawatt. Damit ist bereits das Ziel der Bundesregierung einer installierten Leistung von 88 Gigawatt im Jahr 2024 erreicht.

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