Solarstromrekord – Preise steigen trotzdem

von Redaktion

Deutschland hat durch den wachsenden Zubau eine Rekordmenge Solarstrom produziert. Dennoch stiegen die Strompreise im Großhandel, weil der Ukraine-Krieg den Gaspreis trieb.

Sonnenenergie ist auch in Bayern zu einer zentralen Stromquelle geworden (Solarfeld an der Autobahn 995 bei Oberhaching). Dennoch bleibt die Abhängigkeit von fossiler Energie hoch. © marcus schlaf

München – In Deutschland wurde im Juli laut Bundeswirtschaftsministerium so viel Solarstrom produziert wie noch nie. Das Ministerium nannte den Wert von 10,1 Terawattstunden (TWh), wie die Funke Mediengruppe berichtete. Insgesamt seien im Juli 23,6 TWh Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt worden. Von Januar bis Juli seien knapp sieben Prozent mehr Ökostrom produziert worden als im Vorjahreszeitraum. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) unterstrich, der Solar-Rekordwert im Juli sei erreicht worden, „obwohl die Sonneneinstrahlung niedriger als im vergangenen Jahr war“. Das lag an dem deutlich wachsenden Zubau, den Habeck auf verbesserte Genehmigungsverfahren zurückführt. Auch bei Windkraft an Land „sorgen steigende Zahlen bei den Genehmigungen für gute Aussichten“, fügte Habeck hinzu. „Damit kommen wir nach den Versäumnissen der vergangenen Legislaturperiode auf Zielkurs, um unsere Ausbau- und Klimaschutzziele für 2030 zu erreichen.“ Das spiegelt sich auch in den Zahlen wider, im ersten Quartal 2024 wurden rund 2,6 Gigawatt Windleistung genehmigt, ein Plus von 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

■ Krieg treibt Energiepreise

Obwohl die Ausschreibungsgebote für Wind- und Solarkraft aktuell deutlich unter den durchschnittlichen Marktpreisen liegen, stiegen die Strompreise im Großhandel zuletzt an. An der Terminbörse EEX kostete die Megawattstunde (MWh) für das Jahr 2025 wiederholt über 100 Euro (siehe Grafik). Das liegt vor allem an den gestiegenen Preisen für Erdgas, erklärt Tobias Federico vom Beratungshaus Montel Analytics: „Die ukrainische Offensive auf russischem Territorium hat am Markt die Befürchtung geweckt, Putin könnte die restlichen Gaslieferungen nach Europa einstellen.“ Russland liefert immer noch rund zehn Prozent des europäischen Erdgasbedarfs. „Und die hohen Gaskosten haben die Strompreise mit nach oben gezogen“, so Federico.

Das hat mehrere Gründe: Gaskraftwerke sind, wenn sie gebraucht werden, wegen ihrer hohen Kosten oft Preissetzer am Strommarkt. Wie an der Aktienbörse bestimmt der höchste Kaufabschluss den Preis für alle anderen Gebote zum selben Zeitpunkt. Gleichzeitig macht der europäische Preis für CO2-Zertifikate inzwischen einen großen Teil der Kosten für Strom aus fossilen Quellen aus. Auch hier sind die Preise jüngst gestiegen: „Durch den höheren Gaspreis haben Kohlekraftwerke vermehrt Gaskraftwerke aus dem Markt gedrängt“, erklärt Tobias Federico. „Weil die mehr CO2 ausstoßen, sind die Preise für Zertifikate gestiegen, was fossilen Strom insgesamt teurer gemacht hat.“

■ Verbraucherpreise steigen

Die höheren Börsenstrompreise kamen auch bei den Endverbrauchern an: Günstige Neuverträge kosteten am Freitag im Bundesdurchschnitt 27 Cent die Kilowattstunde, inklusive Grundgebühr. Das zeigen Daten des Vergleichsportals Verivox. Damit kostet Haushaltsstrom erstmals seit Mitte Juni wieder mehr als 2019 vor der Energiekrise (26 Cent). Zwischenzeitlich hatte die Abschaffung der EEG-Umlage durch die Ampel-Regierung die höheren Großmarktpreise überkompensiert. Infolge der höheren Großmarktpreise für Gas stiegen auch die Verbraucherpreise leicht an, aktuell kostet die Kilowattstunde im Bundesdurchschnitt 8,7 Cent inklusive Grundgebühr und damit rund die Hälfte mehr, als 2019.

Ursächlich sind die Großmarktpreise die aufgrund der politischen Gefahren vergangene Woche auf fast 43 Euro die MWh sprangen. Vor dem Ukraine-Krieg kostete rund 20 Euro die MWh. Tobias Federico glaubt jedoch, dass die Risiko-Aufschläge sich bald legen könnten: „Putin hat auch zwei Wochen nach Beginn der Offensive die Gasversorgung nicht gedrosselt, deshalb sehen wir inzwischen eine Korrektur nach unten.“ Ohnehin sei vieles bereits eingepreist: „Die Ukraine sperrt zum Ende des Jahres die Durchleitung von russischem Gas nach Europa, es geht also nur noch um wenige Monate“, so der Marktanalyst. Grundsätzlich würden die Preise in Europa heute von eingeschifftem Flüssiggas bestimmt: „Ich erwarte, dass 30 bis 35 Euro die MWh der neue Normalzustand sind“, prognostiziert Federico.
MIT DPA

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