An der Wall Street liebt man Technologiewerte. Doch zuletzt ging es mit Amazon, Meta Co. auch öfter mal bergab. Anleger sollten ihre Depots breit aufstellen und nicht nur auf bestimmte Sektoren setzen. © ANGELA WEISS, afp
München/Frankfurt – Wer in einige der führenden europäischen Konzerne investieren möchte, sollte sich die Granolas näher anschauen. Hinter dem Akronym verbergen sich elf qualitativ hochwertige und stabil wachsende Unternehmen.
Auch wenn es zuletzt bei den führenden Technologiekonzernen Microsoft, Nvidia, Google, Amazon, Apple, dem früheren Facebook-Konzern Meta Platforms und Tesla zu teilweise erheblichen Kursrücksetzern kam, so waren sie doch in den vergangenen Jahren das Maß aller Dinge. Im Jahr 2023 legten sie zusammen rund 75 Prozent zu und kamen zeitweise auf einen Anteil von über 30 Prozent am US-Aktienindex S&P 500.
Da konnte leicht in Vergessenheit geraten, dass es auch an anderen Märkten aussichtsreiche Aktien gibt. Das Wort Granolas ist allerdings eine Erfindung des US-Investmenthauses Goldman Sachs. Es setzt sich aus den Anfangsbuchstaben von elf führenden europäischen Konzernen zusammen: GlaxoSmithKline, Roche, ASML, Novo Nordisk, Nestlé, Novartis, L’Oréal, LVMH, AstraZeneca, Sanofi und SAP.
■ Kurse schwanken weniger stark
Und sie müssen laut dem Indexanbieter Stoxx einen Vergleich mit den großen Technologieriesen nicht scheuen. Zwischen Januar 2021 und Januar 2024 liefen sie ebenso gut wie ihre US-Pendants – nur mit deutlich geringeren Kursschwankungen. Und sie waren im vergangenen Jahr für 60 Prozent der Kursgewinne des Aktienindex Stoxx Europe 600 verantwortlich. Zwar litten auch einige der Granolas unter dem jüngsten Kurseinbruch. So verlor die Aktie von ASML, führender Hersteller von Maschinen für die Halbleiterindustrie, zwischen Anfang Juli und Mitte August rund 21 Prozent an Wert, der Pharmakonzern Novo Nordisk notiert derzeit rund zwölf Prozent unter seinem Höchstkurs.
Allerdings weisen die elf Titel Eigenschaften auf, die sie für Anleger vor allem langfristig attraktiv machen. „Diese Unternehmen haben über Jahre stabile und wachsende Umsätze und Gewinne erzielt, was sich in deren konstanter Rentabilität und einem gesunden Cashflow widerspeigelt“, sagt Felix Scheppe von der BK Vermögen. Dazu bieten sie zum Teil hohe Dividendenrenditen und haben einen defensiven Charakter, weshalb sie eher geringe Kursschwankungen aufweisen. „Außerdem beeindrucken die Granolas mit konstant hoher Qualität bei ihren Produkten und Dienstleistungen“, sagt Joachim Rädler von der Steinbeis & Häcker Vermögensverwaltung. „Dank ihrer hohen Markenbekanntheit ist es ihnen gelungen, Burggräben zu schaffen, weshalb es neuen Konkurrenten schwerfällt, diesen Unternehmen Marktanteile abzunehmen.“
■ Tech-Werte in Europa Mangelware
Eines aber fällt beim Vergleich mit den prominenten US-Pendants auf: Mit der deutschen SAP und der niederländischen ASML Holding sind nur zwei Technologiekonzerne darunter. Auch wenn die ASML-Aktie zuletzt stark an Wert einbüßte, in den vergangenen fünf Jahren liegt sie noch mit fast 440 Prozent im Plus. SAP, das unbeschadet durch die jüngsten Kursturbulenzen kam, gilt als Weltmarktführer bei Unternehmenssoftware. „Und man darf auch nicht vergessen, dass die beiden Konzerne entscheidende Akteure in der Wertschöpfungskette der Künstlichen Intelligenz sind“, ergänzt Rädler.
■ Pharma und Konsum dominieren
Sonst dominiert die Pharma- und die Konsumgüterbranche. Zu Letzterer zählen die Schweizer Nestlé, der Luxusgüterkonzern LVMH oder der führende Kosmetikhersteller L’Oréal.
„Diese Unternehmen verfügen über starke Marken, die weltweit bekannt sind“, so Scheppe. „Und das trägt zur Kundenbindung bei und dazu, dass sie eine gewisse Macht bei der Preisgestaltung haben.“ Außerdem bietet zum Beispiel Nestlé aktuell eine Dividendenrendite von 3,5 Prozent und hat seine Ausschüttung seit fast 30 Jahren jedes Jahr gesteigert.
Unter den Pharmakonzernen sticht Novo Nordisk hervor, weltweit führend im Bereich Diabetes. Das dänische Unternehmen wächst seit Jahren rasant, weshalb die Aktie in den vergangenen fünf Jahren rund 440 Prozent zulegte. Zusätzliche Phantasie birgt Wegovy, die Abnehm-Spritze von Novo Nordisk, weshalb Analysten auch weiter von einem hohen Wachstum ausgehen.
Dazu kommt die weltweit alternde Bevölkerung, weshalb die Nachfrage nach Medikamenten und Gesundheitsdienstleistungen künftig weiter steigen dürfte. Davon profitieren neben Novo Nordisk auch die anderen Granola-Pharmakonzerne Roche, Novartis, AstraZeneca oder Sanofi.
■ Stabilität in unruhigen Zeiten
Sich an einer Auswahl wie den Granolas zu orientieren, kann nach Ansicht von Scheppe für Anleger sinnvoll sein. „Schließlich haben sich diese Unternehmen in der Vergangenheit stark entwickelt und bewiesen, dass sie über stabile und nachhaltige Geschäftsmodelle verfügen“, sagt er. „Zudem kann eine gewisse Sicherheit und Stabilität, gerade in schwankungsstarken Marktphasen, von Vorteil sein.“ Das gilt umso mehr, da es nicht einfach ist, selbst aussichtsreiche Firmen zu identifizieren. Zwar kann das Kurs-Gewinn-Verhältnis ein guter Anhaltspunkt sein, um eine Aktie zu bewerten. Allerdings schauen Experten bei Unternehmen sehr viel tiefer. So gehört zu einer gründlichen Analyse die Betrachtung verschiedener Kennzahlen wie die Eigenkapitalrendite, die langfristige Umsatz- und Gewinnentwicklung oder der Cashflow. Und es geht um die Einschätzung der Qualität der Produkte sowie des Managements eines Unternehmens, um nur einige Punkte zu nennen.
Allein auf solche Titel wie die Granolas zu setzen, davon raten Anlageexperten jedoch ab. Schließlich gilt eine breite Streuung über viele Regionen der Welt und verschiedene Branchen als Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Aktienanlage. In einem solchen Depot können Granolas dann aber eine größere Rolle spielen.