Top-Ökonom: Thüringen und Sachsen droht Firmen-Exodus

von Redaktion

München – Unternehmen verlassen Thüringen und Sachsen, Fachkräfte machen einen großen Bogen um die beiden Bundesländer: Glaubt man den Einschätzungen von Ökonomen, könnte der Erfolg der AfD und des BSW bei den Landtagswahlen am Sonntag massive wirtschaftliche Konsequenzen haben. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, sagte, vor allem die AfD stehe für eine „extrem neoliberale Wirtschaftspolitik, für Protektionismus und eine Abschottung von Europa, für weniger Zuwanderung von Fachkräften und eine geringere Offenheit und Vielfalt“. Auch wenn die AfD nicht in Regierungsverantwortung kommen sollte, werde ihr Erfolg vermutlich einen erheblichen Einfluss auf die Politik in Thüringen und Sachsen haben.

„Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass dieses Wahlergebnis zu einer Abwanderung von Unternehmen und auch Fachkräften aus beiden Regionen führen wird“, betonte der Ökonom. Vor allem junge, gut qualifizierte und hoch motivierte Bürger könnten die beiden Länder verlassen und dorthin gehen, wo sie mehr Offenheit und Wertschätzung erfahren. „Dies dürfte einen Anstieg der Insolvenzen und einen Exodus von Unternehmen zur Folge haben.“

Der Präsident des Münchner ifo-Instituts, Clemens Fuest, sagte gegenüber unserer Zeitung, dass die wirtschaftlichen Folgen von der konkreten Politik abhängen. „Generell muss man davon ausgehen, dass Arbeitskräfte mit Migrationshintergrund durch den Wahlerfolg der AfD eher abgeschreckt werden. Das kann zur Folge haben, dass die Arbeitskräfteknappheit sich verschärft und beispielsweise im Gesundheitswesen Versorgungsengpässe häufiger werden“, sagte Fuest.

Monika Schnitzer, Vorsitzende im Sachverständigenrat der Bundesregierung („Wirtschaftsweise“), warnte angesichts des Erfolgs der AfD ebenfalls vor einer Verschärfung des Arbeitskräftemangels in Thüringen und Sachsen. Einige Landkreise dürften in den kommenden Jahren weitere 20 bis 30 Prozent der Erwerbsbevölkerung verlieren, sagte sie der Nachrichtenagentur Reuters.

Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), forderte Konsequenzen. Mehr Sozialpolitik hält Menschen seiner Ansicht nach nicht von der Wahl populistischer Parteien ab. „Da Abstiegsängste und Entwertungserfahrungen einen großen Einfluss haben, braucht es vielmehr den vorsorgenden Investitionsstaat statt des nachsorgenden Sozialstaates“, sagte Hüther.
SH

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