Umbau und Pünktlichkeit: Bund erhöht Druck auf die Bahn

von Redaktion

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (hier mit Bahnchef Richard Lutz, li.) will bei der Bahn stärker den Ton angeben. © Michael Kappeler, dpa

Berlin – Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will bei der Modernisierung der Bahn eine Schippe drauflegen. „Ich habe die Bahn aufgefordert, ein Sanierungskonzept auszuarbeiten“, sagt der Minister. Darin sollen konkrete Fortschritte festgelegt werden, die der Konzern erreichen muss. Das will Wissing alle drei Monate kontrollieren. Wird ein Ziel verfehlt, muss sich ein dafür verantwortlicher Bahnmanager rechtfertigen. Wissing begründet den strengen Kurs mit den schwachen betriebswirtschaftlichen Ergebnissen. Mit Ausnahme der Spedition Schenker würden alle eigenwirtschaftlichen Sparten schwache Ergebnisse liefern.

In sieben Bereichen sieht der Minister Handlungsbedarf. An erster Stelle steht die Zuverlässigkeit der Züge. „Gerade im Fernverkehr muss die Pünktlichkeit deutlich verbessert auf auf ein international vergleichbares Spitzenniveau gebracht werden“, fordert er. Auch die Auslastung müsse verbessert werden. Wissing sieht in niedrigen Preisen für Fahrten in leeren Waggons oder attraktivere Verbindungen für Geschäftsleute Ansatzpunkte dafür. Über das „wie“ soll allerdings der Bahnvorstand entscheiden.

Auch einen spürbaren Personalabbau sehen die Eckpunkte vor. Wissing betont, dass es dabei nicht um die Leute im Betrieb, sondern Verwaltungsposten geht. In welcher Größenordnung Personal abgebaut werden soll, ließ Wissing offen. Der Bahnvorstand hatte kürzlich seinerseits bereits von 30 000 Stellen gesprochen, die gestrichen werden. Das Zugpersonal oder andere kundennahen Dienste sollen von den Kürzungen ausgenommen werden. „Es muss im Overhead gespart werden“, sagt Wissing und meint damit die Verwaltung. Um die Produktivität zu erhöhen, solle die Bahn in Kooperation mit den Gewerkschaften auch unzeitgemäße, beeinträchtigende Regelungen beseitigen.

Damit diese Vorgaben wie schon so häufig geschehen nicht wieder einkassiert werden, weil es irgendwo schlechter läuft als erwartet, pocht der Minister auf eine konkrete Ausgestaltung des Konzepts durch den Bahnvorstand. Darüber wird die Steuerungsgruppe Bahn im Ministerium wachen. Festgelegt werden neben den Pünktlichkeitszielen auch viele Details, etwa die Zahl der Langsamfahrstellen und kleinen Baustellen, der Anteil auszutauschender Bremsen oder elektronischer Stellwerke.

Auf den Prüfstand sollen auch die Investitionen ins rollende Material kommen. Auf teure Spezialanfertigungen soll künftig verzichtet, stattdessen mehr auf standardisierte Züge gesetzt werden. Darüber hinaus will Wissing die Digitalisierung des Zugverkehrs vorantreiben. Ein letzter wichtiger Punkt betrifft die Folgen des Klimawandels. „Die Bahn muss auch ankommen, wenn Extremwetter ist“, betont der Minister.

Die recht allgemein formulierten Forderungen hat der Bahnvorstand nun in einem Sanierungskonzept mit konkreten Zielen ausgefüllt. Darüber soll der Aufsichtsrat des Konzerns auf seiner Herbstsitzung am 19. September entscheiden. Zumindest beim grünen Koalitionspartner stößt Wissing nicht gerade auf Begeisterung.

„Eine Kombination aus Selbstverständlichkeiten, Populismus, Widersprüchen und schwammigen Formulierungen“, nennt Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen, die Vorschläge. Ein solches Papier mache keinen Zug pünktlicher und bringe keine zusätzlichen Fahrgäste.

Welche Folgen das „Sanierungsprogramm DB AG“ für die Kunden der Bahn hat, ist noch nicht absehbar. Es gibt Hinweise, dass die Bahn den Zugverkehr auf unrentablen Strecken ausdünnen könnte. Das dementiert Wissing nur halbherzig. „Niemand möchte, dass die Bahn Strecken streicht“, betont er. Auf die Fahrgäste im Fernverkehr, aber auch auf die Güterbahnen, kommen voraussichtlich höhere Preise zu.
WOLFGANG MULKE

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