Habeck gegen Temu und Shein

von Redaktion

Viele Verbraucher lassen sich von den günstigen Preisen von Temu und Shein locken. Das Bundeswirtschaftsministerium will nun stärker gegen die asiatischen Shopping-Portale vorgehen.

Waren aus China kommen per Schiff in riesigen Containern oder per Luftfracht. Europäische Firmen beklagen oft unfairen Wettbewerb. © Christian Charisius, dpa

Berlin – Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will asiatische Shopping-Portale wie Temu und Shein schärfer kontrollieren und die 150-Euro-Zollfreigrenze abschaffen. Das geht aus einem Aktionsplan E-Commerce hervor, den das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) erarbeitet hat. „Wer online einkauft, muss sich auf sichere und unbedenkliche Produkte verlassen können. Giftige Substanzen gehören nicht in Kleidung oder Spielgeräte“, sagte Habeck. Deutsche und europäische Unternehmen dürften nicht dadurch benachteiligt werden, „dass andere die geltenden Regeln umgehen“.

Shein und Temu erfreuen sich in Deutschland großer Beliebtheit. Das liegt vor allem an den niedrigen Preisen. Die Portale sind jedoch umstritten. Handelsvertreter, Politiker und Verbraucherschützer kritisieren unter anderem Produktqualität, mangelnde Kontrollen und unfaire Wettbewerbsbedingungen. Die Portale weisen die Vorwürfe zurück.

Der Aktionsplan des BMWK sieht verschiedene Maßnahmen vor – unter anderem eine engere Zusammenarbeit und mehr Befugnisse der nationalen und europäischen Marktüberwachungsbehörden. Die Abschaffung der Zollfreigrenze solle „zügig und bürokratiearm erfolgen“. Die asiatischen Online-Plattformen nutzen vor allem Luftfracht. Bei Bestellungen aus Nicht-EU-Ländern müssen für Pakete mit Warenwert unter 150 Euro bei der Einfuhr keine Gebühren bezahlt werden. Den Anbietern wird vorgeworfen, dass viele Sendungen falsch deklariert seien, um die 150-Euro-Grenze einzuhalten. Das bedeutet nicht nur Zollfreiheit, sondern de facto auch die Kontrollfreiheit, weshalb häufig Produkte nach Europa gelangen, die verschiedenen Gesetzen widersprechen. Branchenexperten beklagen aber, dass der Zoll bereits heute mit der Kontrolle völlig überlastet sei. Habeck fordert von der EU-Kommission, Daten über Verstöße von Anbietern wie Shein und Temu in einem „Data Hub“ zu sammeln, um Fehlverhalten aufzudecken und zu sanktionieren. Dabei sollten Testkäufe durch die EU-Kommission durchgeführt werden, um herauszufinden, ob Rechtsverstöße systematisch und über die Zeit unverändert vorkommen. „Sanktionen müssen so hoch angesetzt werden, dass sie Abschreckungswirkung entfalten“, heißt es.

Weiter will das Ministerium die Hersteller verpflichten, Informationen zu Produktsicherheit, Umwelt- und Gesundheitsschutz im digitalen Produktpass zu hinterlegen. Die Behörden stellten bei Drittstaaten-Produkten, die in die EU verschickt werden, zunehmend Mängel und Verstöße gegen Vorgaben fest, erklärte das BMWK. Dies gelte insbesondere für Online-Händler wie Temu und Shein. Handelsexperte Carsten Kortum hält eine Abschaffung der Zollfreigrenze für richtig. Das Geschäftsmodell von Temu und Shein basiere auf Kostenvorteilen durch verkürzte Lieferketten, fehlenden Produkttests nach europäischem Standard und der Vermeidung von Einfuhrzöllen, sagte der Professor der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn. „Durch die notwendigen Preiserhöhungen, zu denen Temu und Shein gezwungen wären, würden eine Vielzahl von Artikeln für Kunden nicht mehr attraktiv sein.“

Ölkonzerne: Betrug mit CO2-Zertifikaten

In der Affäre um mutmaßliche Betrugsfälle in China hat das Umweltbundesamt indes deutschen Konzernen die Ausstellung von Klima-Zertifikaten verweigert. Es gehe dabei um acht Klimaschutz-Projekte in China, erklärte die Behörde am Freitag. Die acht verweigerten Zertifikate entsprächen einer Einsparung von 215 000 Tonnen CO2, die sich die Konzerne ursprünglich auf ihre Klimabilanz anrechnen lassen wollten. Hintergrund der Maßnahmen, die das Umweltbundesamt (UBA) ergreift, ist ein im Juni bekannt gewordenes Betrugsgeflecht, in das deutsche Mineralölkonzerne involviert sein sollen. Den bisherigen Erkenntnissen zufolge ließen sich die Konzerne im Rahmen dubioser Klima-Projekte in China wohl Beiträge auf ihre CO2-Bilanzen anrechnen, ohne dass es bei diesen Projekten zur tatsächlichen Reduktion von Treibhausgasen gekommen wäre. Teilweise hätten die Projekte gar nicht existiert.

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