München – Höhere Zinsen, eine alternde Gesellschaft samt verändertem Wohnraumbedarf, eine neue Arbeitswelt mit mehr Homeoffice sowie härtere Klimaschutz- und Umweltauflagen im Gebäudesektor: Die Immobilienbranche muss sich nach langen Jahren mit stabilem Wachstum und verlässlichen Rahmenbedingungen derzeit mit vielen Umbrüchen gleichzeitig beschäftigen. Das zeigt auch eine aktuelle Umfrage der Messe München unter mehr als 500 Branchenexperten im Vorfeld der im Oktober stattfindenden Expo Real, Europas größter Immobilienmesse.
Dort gaben 63 Prozent der Befragten an, dass eine Transformation des Immobilienbestands zentral sei, um die Branche zukunftssicher aufzustellen. Gemeint sind damit vor allem Themen wie die energetische Sanierung bei Altbauten sowie mehr Klimaschutz im Gebäudesektor und bei Neubauten. 56 Prozent erklärten zudem, dass neue Geschäftsmodelle nötig sind, um weiter am Markt zu bestehen. Hier geht es beispielsweise um den Umbau von Büro- oder Gewerbeimmobilien in Wohnfläche, aber auch um das Anbieten neuer Wohnmodelle. Erste Firmen wagen sich zum Beispiel an Modelle heran, bei denen Mieter für ihren jeweiligen Lebensabschnitt geeigneten Wohnraum bekommen, also größere Flächen für Familien und kleinere Wohnungen für Senioren. Diskutiert wird analog zum Carsharing zudem das Teilen von Wohnraum. Auch bei den zentralen Investoren gibt es laut Umfrage Veränderungen. Für den deutschen Immobilienmarkt sind demnach derzeit Pensionsfonds und Versorgungswerke besonders wichtig, sie stammen meist aus Nordamerika. Auch andere Finanzinvestoren wie Family Offices und Private-Equity-Firmen haben demnach stark an Einfluss gewonnen.
Dass die Immobilienbranche nicht zuletzt wegen den hohen Zinsen weiter in der Krise steckt, zeigt die Zahl der Anmeldungen bei der Expo Real, die erneut zurückgegangen ist. 1770 Aussteller aus 34 Ländern werden laut Messe München auf dem Gelände sein – 4,4 Prozent weniger als 2023. „Die Expo Real ist damit ein Spiegel der Branche“, sagt Messe-Chef Stefan Rummel. Zudem sind einige Aussteller wegen Insolvenzen verschwunden, darunter die in die Pleite geschlitterte milliardenschwere Signa des umstrittenen Investors René Benko. Die ehemalige Signa-Fläche auf der Expo Real wird die Investmentplattform von Saudi-Arabien übernehmen.
Die Expo Real findet vom 7. bis zum 9. Oktober in München statt. Neben Ausstellern und Sonderschauen zu Themen wie „Bauen im Bestand“ gibt es neun Bühnen und zahlreiche Vorträge. Als Sprecher werden etwa Bauministerin Klara Geywitz (SPD), Bayerns Staatsminister für Wohnen, Bauen und Verkehr Christian Bernreiter (CSU) oder Rolf Buch, Chef des Immobilienkonzerns Vonovia, erwartet.
HÖSS