Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte der Branche Unterstützung auch auf EU-Ebene zu. Dabei geht es um sogenannte Flottengrenzwerte, das sind Vorgaben zum CO2-Ausstoß. © Kay Nietfeld
Berlin – Das Wirtschaftsministerium will nicht von einem „Autogipfel“ oder „Krisengipfel“ sprechen. Die Lage der Branche aber ist angespannt. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will der Branche helfen, konkrete Maßnahmen wurden nicht genannt. Nur so viel: Die Maßnahmen, die vielleicht kämen, sollten immer rückwirkend gelten. Die Bundesregierung werde nun beraten. Der ohnehin stattfindende regelmäßige Dialog mit der Branche werde fortgesetzt.
Habeck sagte, die Grenzwerte sollten im Jahr 2026 einer Revision unterzogen werden. Es sei der Wunsch der Runde gewesen, sich dafür einzusetzen, dass das schon im kommenden Jahr passiere. „Dem will ich gerne folgen.“
Habeck dämpfte zugleich die Erwartungen. Es handle sich um ein europäisches Programm. Viele andere Länder hätten nicht die Herausforderungen Deutschlands. Zudem habe sich Deutschland in der Verkehrspolitik in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert, sagte Habeck mit Blick auf das umstrittene Vorgehen beim Thema E-Fuels.
Angesichts der Krise in der deutschen Automobilindustrie blickt Berlin zunehmend nach Brüssel. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) forderte eine Diskussion über die CO2-Flottengrenzwerte, deren geplante Verschärfung im kommenden Jahr einen Beitrag im Kampf gegen die Erderwärmung leisten soll. Auch Habeck, der am Montag zu einem digitalen Austausch mit Spitzenvertretern von Automobilwirtschaft, Branchenverband VDA und der Gewerkschaft IG Metall zusammenkam, hat die EU-Vorgaben im Blick.
Zuvor war eine Debatte auch über weitere Kaufanreize für Elektroautos entbrannt, deren Neuzulassungszahlen nach dem Stopp des sogenannten Umweltbonus Ende vergangenen Jahres deutlich zurückgegangen waren.
Der „Spiegel“ berichtete, dass sich der kriselnde Volkswagen-Konzern für eine neue Kaufprämie für E-Autos stark machen wolle. VW schlägt demnach eine staatliche Förderung von 4000 Euro beim Kauf eines reinen Elektroautos vor, wenn die Hersteller zusätzlich einen Preisnachlass von 2000 Euro gewähren.
Prämien könnten „kurzfristig stimulieren, gerade in den Einstiegssegmenten“, sagte Volkswagen-Konzernchef Oliver Blume. „Es geht aber auch vor allem darum, sich über Steuermodelle Gedanken zu machen für betrieblich genutzte Fahrzeuge“, fügte er hinzu. „Es geht darum, auch die Erstzulassung von Elektrofahrzeugen steuerlich zu begünstigen und sich dann natürlich auch Kostenthemen anzuschauen wie Strompreise, die beim Laden eine erhebliche Rolle spielen.“
Finanzminister Lindner warnte hingegen mit Blick auf „kleine Konjunkturmaßnahmen im Inland“ vor einem „Strohfeuereffekt“. Dringend nötig sei „auf der europäischen Ebene“ eine andere Politik, forderte er. „Was machen wir bei den Flottengrenzwerten wann, wie ist die Zukunft der Technologie Verbrennungsmotor?“ Deutschland müsse da Druck machen. Gut wäre es, wenn EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihren „Kurs verändern und realistischer“ werden würde, sagte Lindner.
Auch BMW hält nichts von im Vorfeld des „Autogipfels“ diskutierten Vorschlägen wie einer neuen Abwrackprämie oder Prämien für Elektroautos. „Die deutsche Automobilindustrie braucht keine kurzfristigen, marktverzerrenden Strohfeuer“, hieß es am Montag aus dem Münchner Konzern.
Die EU-Flottengrenzwerte machen den Herstellern Vorgaben, wie viel CO2 die von ihnen produzieren Autos im Schnitt höchstens ausstoßen dürfen. Im kommenden Jahr sinken die Grenzwerte. Bei Verstößen drohen hohe Bußgelder. Habeck sagte dazu vergangene Woche, dass die Regeln „nicht zur Zerstörung von Unternehmen führen“ dürften. „Das muss man sich noch einmal genau ansehen.“
2035 sollen in der EU verkaufte Neuwagen dann überhaupt kein CO2 mehr ausstoßen. Von der Leyens Parteikollege, CDU-Chef Friedrich Merz, kündigte an, dass er sich bei der EU-Kommission für eine Aufhebung dieses Verbrennerverbots einsetzen wolle. Eine „einseitige Konzentration“ halte er für falsch. Die deutsche Autoindustrie werde „nicht allein auf E-Mobilität umstellen können und wollen“, sagte er.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) forderte hingegen, die Politik müsse „wirksam die Weichen für die Elektromobilität von morgen stellen“. Dazu gehöre, dass E-Autos auch für Menschen mit einem Durchschnittsgehalt erschwinglich sein müssten. Die Verantwortung, emissionsfreie Autos attraktiv zu machen, dürfe aber nicht von der Industrie auf die Steuerzahler abgewälzt werden.