„Die Deindustrialisierung läuft“

von Redaktion

Wirtschaftsleistung im Freistaat schrumpft überdurchschnittlich

München/Berlin – Die derzeitige Schwäche der deutschen Wirtschaft trifft Bayern überdurchschnittlich: Im ersten Halbjahr ist die Wirtschaftsleistung im Freistaat nach vorläufigen Zahlen inflationsbereinigt um 0,6 Prozent geschrumpft, verglichen mit einem bundesweiten Rückgang von 0,2 Prozent. Das teilte das Statistische Landesamt in Fürth mit.

Bayern lag damit in der Rangliste der am stärksten von der Wirtschaftsschwäche getroffenen Bundesländer auf Platz vier. In der Wirtschaft sehen viele Manager und auch Verbandsfunktionäre in der derzeitige Krise mehr als nur eine der üblichen zyklischen Konjunkturflauten, sondern als Zeichen grundlegender Schwächung.

Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) wertete die Meldung des Landesamts als Alarmsignal: „Die Deindustrialisierung ist in vollem Gange und wir befinden uns in einer Strukturkrise“, sagte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Für Bayerns Wirtschaft als einer der größten Industriestandorte in Deutschland sei das ein dramatisches Signal mit bundespolitischer Bedeutung. Brossardt forderte die Berliner Koalition zur Entlastung der Unternehmen von Kosten und Bürokratie auf, sowie mit Blick auf die laufenden Tarifverhandlungen in der Metallindustrie einen maßvollen Tarifabschluss.

Den größten Rückgang verzeichnete Baden-Württemberg mit einem inflationsbereinigten Minus von 1,3 Prozent. Das Landesamt äußerte sich zu den Ursachen nicht. Sowohl in Bayern als auch in Baden-Württemberg spielt jedoch die exportorientierte Industrie eine große Rolle, die derzeit in vielen Auslandsmärkten sowohl mit schwacher Nachfrage als auch stärker werdender chinesischer Konkurrenz zu kämpfen hat. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) machte die Berliner Bundesregierung verantwortlich. Die Daten sind eine vorläufige Berechnung. Das Landesamt wies vorsorglich darauf hin, dass sich in späteren Berechnungen deutliche Abweichungen ergeben könnten.

Auf Gesamtdeutschland bezogen bleiben die Aussichten trübe. Führende Wirtschaftsforschungsinstitute wollen morgen ihre Konjunkturprognosen für das laufende sowie das kommende Jahr senken. Ein entsprechender Medienbericht wurde von Insidern bestätigt. Demnach dürfte das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 0,1 Prozent sinken. Im Frühjahr hatten die Institute noch ein Plus von 0,1 Prozent vorhergesagt. Für das kommende Jahr wird die Prognose ebenfalls nach unten korrigiert. Erwartet wird demnach ein Wachstum von 0,8 Prozent. Im Frühjahr hatten Ökonomen noch mit einem Plus von 1,4 Prozent gerechnet.
DPA

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