Im Firmensitz der Baywa in der Arabellastraße geben sich die Unternehmensberater und Anwälte gerade die Klinke in die Hand. Der Konzern braucht Geld – doch auch die Sanierer sind teuer. Parallel wackeln hunderte Jobs. © Jens Hartmann
München – Rutschen Firmen in der Krise, übernehmen Sanierer, Beratungsgesellschaften und Anwälte das Ruder. Bei der Baywa ist das seit einigen Wochen der Fall: Im Juli wurden die Unternehmensberater von Roland Berger mit einem Sanierungsgutachten beauftragt, seit September ist die Gesellschaft Alixpartners als Sanierer und Unternehmenslenker an Bord. Insgesamt sollen die Berater dafür eine Millionengage bekommen – und zwar pro Woche, nicht pro Monat.
„Die Beratungsgesellschaften fleddern jetzt den Kadaver“, sagt deshalb ein Insider, der sich über die Höhe der Honorare ärgert. So sollen die Berater von Alixpartners mit zehn bis 15 Mann angerückt sein. Sie stellen auch den Generalbevollmächtigten Michael Baur, der jetzt faktisch das Unternehmen führt und der für seinen harschen Ton bekannt ist. Kostenpunkt laut Insider: bis zu 600 000 Euro pro Woche für ihn und sein Team. Und für das jüngst dem Management vorgelegte Sanierungsgutachten soll die Unternehmensberatung Roland Berger geschätzte acht Millionen Euro kassiert haben. Die Baywa wollte die Honorare auf Anfrage unserer Zeitung nicht kommentieren.
Insgesamt würde das klamme Unternehmen damit im Moment rund eine Million Euro pro Woche für die Sanierer ausgeben, rechnet der Insider vor. Finanzkreise nennen ähnliche Summen. Daneben sind für die Baywa Banken wie Rothschild aktiv, die beispielsweise in die Verhandlungen für den Notfallkredit involviert waren. Außerdem sollen in Hochzeiten mehrere Anwaltskanzleien bei der Baywa-Rettung im Großeinsatz gewesen sein, meldete das Anwaltsportal Juve, darunter die Wirtschaftskanzlei Gleiss Lutz und die mit Personalangelegenheiten befasste Kanzlei Seitz.
Sanierungskosten belasten Finanzen
Bis alle Sanierer wieder von Bord sind, wird noch viel Zeit vergehen. Insgesamt erwartet der Insider, dass die Baywa bis dahin eine hohe zweistellige Millionensumme für ihre Rettung ausgeben wird. Andere Finanzexperten gehen sogar von bis zu 100 Millionen Euro aus. Das hänge aber davon ab, wie lange die Berater im Unternehmen bleiben würden. Die hohen Honorare dürften sich ihnen zufolge auch negativ auf die Geschäftszahlen auswirken. „Die Baywa wird nicht so viel Gewinn machen, um diese Kosten auszugleichen“, so die Befürchtung. „Der Konzern wird deshalb weiter in den roten Zahlen bleiben.“
Ohne die Experten, Berater und Anwälte wäre die Baywa heute jedoch womöglich insolvent. „Sie haben das Schlimmste verhindert“, heißt es aus Unternehmenskreisen, „nämlich eine Pleite samt aller negativen Folgen für die Mitarbeiter und Landwirte.“ Bedenklich sei jedoch, dass es für die Sanierer bisher eher im Vordergrund stehe, das Beste für die Gläubiger und Banken herauszuholen, sagen Kritiker. Sie bemängeln auch, dass Beratungsgesellschaften wie Roland Berger der Baywa vor mehr als zehn Jahren selbst mit Nachdruck zu dem weltweiten Expansionskurs geraten hatten, der das Traditionsunternehmen erst mit in die jetzige Krise gestürzt hat – und dass jetzt die selben Berater den Scherbenhaufen zusammenkehren sollen.
Lohnsenkungen und Kündigungen drohen
Auch für die Baywa-Mitarbeiter ist das eine schwierige Phase. „Wir würden Sie sich fühlen, wenn hier die Sanierer regieren und über Ihren Job entscheiden?“, heißt es zum Beispiel. Dass harte Maßnahmen inklusive Jobabbau anstehen, das hat Baywa-Chef Marcus Pöllinger bereits klargemacht. Die aktuelle Tarifrunde, bei der am 2. Oktober ein Treffen stattgefunden hat, zeigt, dass es ihm damit auch ernst ist. Dort wollte der Vorstand den Mitarbeitervertretern keine Details zum Sanierungsgutachten nennen. Gleichzeitig betonte er, dass es Personalabbau und Tarifanpassungen geben müsse. Auch die Aufkündigung von Betriebsvereinbarungen droht. In ihnen ist etwa die Zahlung des Weihnachtsgeldes geregelt.
„Das kann nur bedeuten, dass die Baywa die Löhne und Gehälter dramatisch senken will“, steht auf einem Handzettel der Gewerkschaft Verdi zur Information der Mitarbeiter. Das heiße nichts anderes, „als dass die Beschäftigten für gravierende Managementfehler bezahlen und geradestehen sollen“, schimpft die Gewerkschaft. „Die Sanierung soll anscheinend nur auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden.“ Verdi rät deshalb, keine Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber ohne rechtliche Prüfung zu unterschreiben.
Das alles dürfte das Misstrauen und die Unsicherheit innerhalb der Belegschaft weiter erhöhen. Manche befürchten sogar einen Braindrain, einen Weggang vieler Leistungsträger. Ob der kommt, wird auch davon abhängen, ob der Vorstand den Sanierungskurs mit genug Fingerspitzengefühl umsetzt. „Viele warten erst einmal die Ereignisse der kommenden Woche ab“, berichtet der Insider. Bald soll der Inhalt des Sanierungsgutachtens der Belegschaft verkündet werden. Laut Schätzungen wackeln allein beim Mutterkonzern zehn Prozent der rund 8000 Jobs in Deutschland.