Sinkende Zinsen gegen die Krise

von Redaktion

Die Inflation im Euroraum sinkt, während die Konjunktur schwächelt. Die Europäische Zentralbank reagiert mit der nächsten Zinssenkung.

Europas Zentralbank mit ihrer Chefin Christine Lagarde sind der Preisstabilität verpflichtet. © Boris Roessler, dpa

Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) senkt erneut die Leitzinsen im Euroraum. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagenzins, den Banken für bei der Notenbank geparktes Geld erhalten, fällt um 0,25 Prozentpunkte auf 3,25 Prozent. Damit reagiert die Notenbank auf die abflauende Inflation im Euroraum.

Der Zinssatz, zu dem sich Banken Geld bei der Notenbank besorgen können, sinkt ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent, wie die EZB nach einer auswärtigen Sitzung in Slowenien mitteilte. Es ist das dritte Mal, dass die Notenbank in diesem Jahr die Zinsen senkt. Hinweise auf weitere Zinsschritte im Jahresverlauf vermied die EZB. Man werde weiter datenabhängig entscheiden, hieß es.

Sinkende Leitzinsen stützen zeitverzögert die Konjunktur und sind daher eine gute Nachricht für die schwache deutsche Wirtschaft. Unternehmen können bei günstigeren Krediten leichter investieren und Verbraucher sich billiger verschulden – etwa beim Hausbau. Sparer hingegen müssen mit niedrigeren Zinsen bei ihrer Bank rechnen und geringere Renditen etwa bei Lebensversicherungen in Kauf nehmen.

Mit der Zinssenkung habe die EZB den Konjunktursorgen im Euroraum stärker Rechnung getragen, sagte Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes. Er warnte umgehend vor Illusionen: „Leitzinssenkungen werden die hartnäckige, weil strukturelle Wachstumsschwäche nicht beseitigen. Stattdessen braucht gerade Deutschland entschlossene wirtschaftspolitische Weichenstellungen“, sagte Herkenhoff.

Ökonomen hatten die Zinssenkung der EZB erwartet, denn die Inflation im Euroraum sinkt: Im September fiel die Teuerungsrate dem Statistikamt Eurostat zufolge auf 1,7 Prozent. Das war noch weniger als in einer ersten Schätzung errechnet und deutlich niedriger als im August (2,2 Prozent). Die Inflation lag damit erstmals seit Mitte 2021 unter der Zielmarke von zwei Prozent, die die EZB mittelfristig im Euroraum anstrebt. Vor allem billigere Energie drückte die Teuerungsrate und sorgte auch in Deutschland für einen deutlichen Rückgang der Inflation.

Zugleich macht die schwache Konjunktur in der Eurozone der EZB Sorgen. Sie erwartet nur ein Mini-Wachstum von 0,8 Prozent im laufenden Jahr – etwas weniger als im Sommer vorhergesagt. Dabei wirkt die schwache Wirtschaft in Deutschland wie ein Bremsklotz. Erst in den Folgejahren soll sich die Konjunktur im Währungsraum erholen, erwartet die Notenbank.

Die Notenbank hatte im Juni die Zinswende eingeleitet und erstmals seit der Inflationswelle die Leitzinsen gesenkt. Im September wurde der Einlagenzins erneut nach unten gesetzt. Zuvor hatte die EZB seit Juli 2022 zehnmal in Folge die Zinsen erhöht, um die im Zuge des Ukraine-Kriegs hochgeschossene Inflation in den Griff zu bekommen. Ihren Höchststand hatte die Teuerung im Oktober 2022 bei mehr als zehn Prozent erreicht.

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