Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will die Wirtschaft anschieben. Koalitionspartner FDP stört sich an der fehlenden Finanzierung des geplanten Fonds. © Michael Kappeler, dpa
Berlin – Mit einem staatlichen Investitions- und Infrastrukturfonds will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die lahmende deutsche Wirtschaft rasch wieder in Schwung bringen. „Das würde den großen Booster für die Volkswirtschaft auslösen, wenn die Unternehmen jetzt mehr investieren würden“, sagte der Grünen-Politiker in Berlin. Nach seinen Vorstellungen sollen Unternehmen daher zehn Prozent aller Investitionen von ihren Steuern abgezogen oder – bei niedriger Steuerlast – vom Staat erstattet bekommen.
„Wir sollten Investitionen mit einer unbürokratischen Investitionsprämie von zehn Prozent fördern – und zwar für alle Unternehmen, gerade auch Handwerksbetriebe sowie kleine und mittelständische Betriebe“, schrieb der Grünen-Politiker in einer „Modernisierungsagenda“. Sie sieht als zweite Säule vor, die Infrastruktur wie Energie- und Kommunikationsnetze, Verkehrswege und Bildungseinrichtungen zu modernisieren.
Habeck hatte bereits im Februar ein milliardenschweres Sondervermögen zur Entlastung von Firmen vorgeschlagen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) wies den Vorstoß damals zurück.
Habecks neues Papier sieht auch eine Verringerung der hohen Stromkosten vor, die von Unternehmen immer wieder als Standortnachteil genannt werden. Profitieren sollen dabei auch private Verbraucher, etwa indem die Stromsteuer für alle grundsätzlich auf das europarechtlich vorgeschriebene Minimum reduziert wird. Auch die Netzentgelte sollen nach dem Konzept deutlich gesenkt werden.
Zum finanziellen Umfang eines solchen Fonds wollte sich Habeck nicht festlegen. Es gebe aber Berechnungen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), die eine „mittlere dreistellige Milliardenzahl“ für die nächsten Jahre vorsähen, sagte er. „Also, wir reden hier schon von einem großen Volumen, das dann allerdings über viele Jahre verausgabt wird.“ Es gehe um die Erneuerung der Standortbedingungen in Deutschland. „Die erste Frage, finde ich, ist nicht: Sind es jetzt 200, 300 oder 400 Milliarden? Sondern: Wollen wir uns auf den Weg machen?“
Finanziert werden soll dieser Fonds über Schulden – ein Wort, das Habeck allerdings nicht in den Mund nahm. „Das muss vorfinanziert werden, ich sehe keine andere realpolitische Möglichkeit“, sagte er. „Ich finde, diese Fondsidee ist auch für diejenigen, die auf einer strikten Einhaltung der Schuldenbremse bestehen, hoffe ich jedenfalls, ein gangbarer Weg, weil es eine begrenzte Verabredung ist.“ Es gehe nicht um eine prinzipielle Öffnung der Schuldenbremse. Habeck will diese aber wohl für sein Vorhaben lockern. In seinem Papier nennt er die Schuldenbremse „in ihrer jetzigen Form eine Investitions- und Wachstumsbremse“.
Die FDP, die sich als Hüterin der Schuldenbremse versteht, lief prompt Sturm. Als „kurzsichtig und nicht zielführend“, bezeichnete FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai den Vorschlag. „Wahllos Subventionen auszuzahlen und dafür hunderte Milliarden Euro an neuen Schulden anzuhäufen kann unseren Wirtschaftsstandort nicht nachhaltig stärken.“ Nötig seien umfassende Reformen zur Verbesserung der Standortbedingungen und Entfesselung des privaten Kapitals.
Die Vize-FDP-Vorsitzende und Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger sagte: „Es ist kein überzeugendes Konzept, der deutschen Wirtschaft über beispiellos hohe Steuern und Abgaben Geld zu entziehen und es dann über einen Staatsfonds umzuverteilen.“
Positive Reaktionen kamen dagegen aus der Wirtschaft. „Robert Habeck zeigt, dass er verstanden hat, wo die Probleme in Deutschland liegen“, erklärte der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Michael Hüther. Er habe die Themen richtig benannt. „Ungeklärt bleibt aber die Finanzierung.“