INTERVIEW

„Ohne Fingerabdruck geht nichts“

von Redaktion

Infineon bringt neue Generation von Sicherheitschips auf den Markt

Der Fingerabdruck-Sensor am Chip ersetzt die PIN.

Sogar ein Ring kann als Verlängerung der Kreditkarte dienen. Die Sicherheits-Chips lassen sich quasi überall verbauen, damit will Infineon eine breite Kundenbasis ansprechen. © Infineon

Der Münchner Chip-Riese Infineon ist stark im Geschäft mit Bezahllösungen – und will mit mehreren neuen Angeboten noch stärker werden. Chefentwickler Timo Lisk erklärt im Interview, wie man künftig mit einem Ring bezahlen kann, wie er E-Auto-Fahrern freie Ladesäulen-Wahl ermöglichen will und wie man Bezahldaten vor Hackern schützen kann.

Herr Lisk, wir haben EC- und Kreditkarten, welchen Bedarf gibt es an neuen Zahlungsmöglichkeiten?

Wir versuchen immer, Zahlungen so universell und einfach wie möglich zu machen. Unsere Sicherheits-Chips stecken ja heute schon in Bezahlkarten, aber man kann sie eigentlich beliebig einsetzen. Große Smartphone-Hersteller setzen zum Beispiel auf eigene Chips, damit man mit dem Handy bezahlen kann. Und das ist beliebig übertragbar. Ein Beispiel, das wir unseren Kunden gern zeigen: Man kann den Chip einfach in einen Modeschmuck-Ring einsetzen und damit bezahlen.

Mit einem Ring zu bezahlen, sieht im Supermarkt sicher lustig aus, aber ist der Bedarf so groß?

Es wird viele Anwendungsfälle geben. Man könnte den Chip sogar in einen Smarthome-Assistenten installieren. Dann verifiziert man die gesprochene Kaufanweisung quasi mit seiner Stimme. Aktuell schauen wir aber vor allem auf die Autoindustrie.

Warum das?

Es besteht zunehmender Bedarf, mit dem Auto zu bezahlen. Denken Sie an die vielen unterschiedlichen Ladesäulenanbieter. Da will man nicht für jeden eine App runterladen, sondern einfach mit Karte bezahlen. Wir bieten den Herstellern an, unsere Bezahlmodule im Auto zu verbauen. Dadurch können die Nutzerinnen und Nutzer ihre Kreditkartendaten sicher im Auto hinterlegen und müssen Bezahl- vorgänge nur noch autorisieren, meist mit Fingerabdruck. Das hat für Verbraucherinnen und Verbraucher Vorteile.

Welche?

Ohne die Freigabe im Auto kann die Zahlung nicht autorisiert werden. Hacker können also nicht über das Internet darauf zugreifen. Und auch für Hersteller ist es praktisch: Wenn man die Daten nicht über einen Sicherheitschip verschlüsselt, müssen das die Anbieter mit Software tun. Das können sich vielleicht die großen Unternehmen leisten, für die meisten ist das aber zu aufwendig. Da ist es einfacher, einen Infineon-Sicherheitschip einzubauen.

Und abseits von Autos?

Sind wir gerade dabei, die biometrische Freigabe auf Bezahlkarten zu übertragen. Das bedeutet: Wir bieten den Kartenherstellern ein Modul an, das einen Fingerabdrucksensor und den Sicherheitschip enthält. Man hält die Karte ans Kartenterminal und gibt die Zahlung mit dem Fingerabdruck auf der Karte frei. Damit spart man sich die PIN-Nummer und kann wirklich kontaktlos bezahlen. Wir nennen die Lösung Secora Pay Bio. Damit wird bezahlen einfacher und vertrauenswürdiger.

Weshalb vertrauenswürdiger?

Weil man Risiken minimieren kann. Zum einen: Im Normalfall braucht man keine PIN mehr, die man ausspähen kann. Zum anderen: Wenn man eine Karte klaut, kann man heute mehrmals Beträge bis zu 50 Euro bezahlen, ohne dass ein PIN verlangt wird. Und mit Secora Pay Bio kann man ohne den Fingerabdruck nicht mal einen Kaffee bezahlen.

Wie groß schätzen Sie den Bedarf ein?

Ich denke, in Deutschland werden es viele Menschen schätzen, komfortabler bezahlen zu können. In den USA ist es anders: Da ist die PIN nicht weit verbreitet, das ist betrugsanfällig. Hier würde eine Karte mit Fingerabdruck-Sensor auch mehr Sicherheit bringen.

Wann sind die Karten für private Verbraucher erhältlich?

Die Bezahllösungen sind marktreif und von Visa und Mastercard zertifiziert. Wir führen gerade aktiv Gespräche mit Kartenherstellern, um die Lösung bei den Bankkunden einzuführen. Ich rechne damit, dass die ersten Karten mit Secora Pay Bio 2025 ausgegeben werden. Da ist aktuell einiges in Bewegung. Die Kunden verlangen auch zunehmend nach nachhaltigen Lösungen.

Was bedeutet das?

Heute sind Kreditkarten aus Plastik und beeinhalten auch viel Kupfer, vor allem für die Antenne, die quasi um die Karte gewickelt wird. Dafür haben wir eine ganz neue Lösung: Secora Pay Green.

Und was kann sie?

Das ist ein sehr kompaktes Chip-Modul, wo die Antenne bereits integriert ist. Der Vorteil dieses neuen technischen Standards: Es ist nicht mehr nötig, die Kupferdrahtantenne in den Kartenkörper einzubauen, um die kontaktlose Zahlung auszulösen. So lässt sich bis zu 100 Prozent Plastikmüll einsparen, da ein Recycling des Kartenkörpers ohne aufwändige Mülltrennung möglich ist. Im Grunde kann man in jeden beliebigen Rohstoff – zum Beispiel Holz – ein Loch stanzen, den Chip einsetzen und hat eine voll funktionsfähige Kreditkarte. Dadurch lassen sich CO2-Einsparungen bei Rohstoffbeschaffung und Logistik von mehr als 60 Prozent erzielen.

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