Siemens: Rekordgewinn von 9 Milliarden

von Redaktion

Siemens-Chef Roland Busch präsentierte gestern ein historisches Ergebnis, obwohl die Konjunkturschwäche in China Spuren in der Bilanz hinterlassen hat. © IMAGO

München – In der deutschen Autoindustrie sollen tausende Stellen gestrichen werden, Werksschließungen sind geplant – und mitten in dieser Krise hat Siemens eine glänzende Bilanz veröffentlicht. Der Konzern verdiente im Geschäftsjahr 2024 unterm Strich 9,0 Milliarden Euro – so viel wie noch nie in der Geschichte des Unternehmens. 8,5 Milliarden waren es im Vorjahr (siehe Grafik). Der bereinigte Umsatz kletterte um drei Prozent auf 75,9 Milliarden Euro (bei Siemens endet das Geschäftsjahr traditionell Ende September).

Siemens-Chef Roland Busch sprach gestern in München bei der Präsentation der Zahlen von „beeindruckenden Ergebnissen“. Siemens habe in herausfordernden Zeiten erheblichen Mehrwert geschaffen. Die Aktionäre sollen mit einer Dividende von 5,20 Euro je Aktie am Erfolg beteiligt werden – 50 Cent mehr als ein Jahr zuvor.

Dass bei Siemens trotz Krisenstimmung im Land die Gewinne sprudeln, hat mehrere Gründe. Zum einen ist Siemens ein internationales Unternehmen, das rund um den Globus Geschäfte macht, und in manchen Märkten boomt das Geschäft. „Im Geschäftsjahr 2024 kamen aus den USA ein Umsatzwachstum von zwölf Prozent, Indien legte um 16 Prozent zu, Deutschland und China waren dagegen rückläufig“, sagte Busch.

Gemessen am Gesamtumsatz erwirtschaftet Siemens laut den Zahlen lediglich 15 Prozent seines Umsatzes in Deutschland, dagegen kamen 26 Prozent aus den USA. 22 Prozent seines Gesamtumsatzes machte Siemens im asiatisch-pazifischen Raum, die Hälfte davon – also elf Prozent – in China. Je nach Region ist die Ausgangslage eine andere.

„Kriege, Risiken und Inflation durch neue Zölle und verstärkte nationale Alleingänge bremsten den globalen Handel und die Produktion“, sagte Busch. Das exportabhängige Europa und vor allem Deutschland hätten darunter gelitten. Gleichzeitig gab es gegenläufige Entwicklungen: „Digitalisierung und Künstliche Intelligenz boomen weiter, die Trends für mehr Resilienz sowie einer vollelektrischen und de-karbonisierten Welt sind ungebrochen“, betonte Busch. „Das sind riesige Chancen für alle unsere Angebote bei Software, Automatisierung, Elektrifizierung, nachhaltigen Infrastrukturen und Mobilität.“

Seit seinem Amtsantritt als Siemens-Chef im Jahr 2021 verfolgt Busch eine konsequente Digital-Strategie, bislang scheint sich der Kurs auszuzahlen. Zuletzt hatte Busch angekündigt, das US-Software-Unternehmen Altair für umgerechnet 9,2 Milliarden Euro kaufen zu wollen, das Geschäft mit industriellen Simulationen soll davon profitieren. Traditionelle Geschäftseinheiten – etwa das mit der Flughafenlogistik – wurden dagegen verkauft.

Einen Dämpfer gab es 2024 dennoch: Die China-Schwäche schlug auf das Geschäft mit der Automatisierung durch, was der bisherigen Mustersparte Digital Industries einen Rücksetzer verpasste. Dagegen legte die Sparte Smart Infrastructure kräftig zu, auch dank des KI-Booms: „Ich freue mich außerordentlich, dass das Umsatzvolumen im Geschäft mit Rechenzentren um mehr als 50 Prozent gestiegen ist“, sagte Busch. „Es übersteigt nun mehr als zwei Milliarden, und wir gewinnen hier eindeutig Marktanteile.“

Erfolge, egal wohin man blickt: Die Zugsparte Mobility liefert solide Gewinne, genauso der fränkische Dax-Konzern Siemens Healthineers, der nach wie vor mehrheitlich der Münchner Siemens AG gehört. Zum Rekordergebnis beigetragen hat auch ein Sondereffekt: Die Übertragung von Anteilen an Siemens Energy an den konzerneigenen Pensionsfonds verursachte einen Buchgewinn von einer halben Milliarde Euro.

„Jetzt werden wir einen drauflegen“, kündigte Busch an. Ein neues Programm („One Tech Company“) soll Doppelstrukturen im Konzern abbauen sowie Innovationszyklen beschleunigen – auch dank des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz, etwa beim Programmieren. Busch sagte explizit, es handele sich nicht um ein Sparprogramm.

Stellen gestrichen werden trotzdem, unabhängig von diesem Programm. Busch sprach von einer niedrigen bis mittleren vierstelligen Zahl, weltweit. „Was das für Deutschland bedeutet, sind wir noch am diskutieren.“ Bei rund 85000 Beschäftigten in Deutschland rede man aber nicht über eine große Zahl, zumal in Deutschland 8000 Stellen neu zu besetzen seien. Einen Abbau werde man „im Einklang mit Arbeitnehmervertretern“ regeln.

Der deutsche Markt ist für Siemens zwar nicht der wichtigste, Kritik am Standort äußerte der Siemens-Chef dennoch: „Wir reden über eine Jahrzehnte unterinvestierte Infrastruktur.“ Dieser Knoten müsse sich lösen. Von einer künftigen Bundesregierung forderte Busch Klarheit, wohin die Reise gehen solle – etwa in der Energiepolitik. „Stillstand können wir uns nicht leisten.“ Trotz der Probleme kann Busch dem Standort im internationalen Vergleich aber auch etwas Positives abgewinnen. „Die Stärke Deutschland liegt definitv in der Innovationskraft“, sagte Busch. Ohne diese Innovationskraft wäre der Aufstieg eines Landes mit 80 Millionen Einwohnern zur drittgrößten Wirtschaftsnation der Welt nicht möglich gewesen.

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