Erstmals seit drei Jahren ist die Beschäftigung saisonbereinigt nicht gewachsen. Neben der Wirtschaftsflaute zeigt sich auch der Fachkräftemangel. © Soeren Stache/dpa
Die schwache Konjunktur in Deutschland kommt zunehmend auf dem Arbeitsmarkt an. Die Zahl der Unternehmen geht zurück und der Pessimismus bei den Firmen nimmt zu. Weniger Menschen wagen den Schritt in die Selbstständigkeit.
Im dritten Quartal dieses Jahres sind auf dem deutschen Arbeitsmarkt kaum noch zusätzliche Jobs entstanden. 46,1 Millionen Menschen waren zwischen Juli und September erwerbstätig, wie das Statistische Bundesamt berichtet. Das waren nur noch 23 000 mehr als im Frühsommer, gerundet eine Stagnation. Bereinigt um Saisoneffekte sei die Zahl der Erwerbstätigen sogar um 45 000 Personen oder 0,1 Prozent gesunken. Das hat es seit Jahresbeginn 2021 nicht mehr gegeben. Im Vergleich zum Vorjahresquartal betrug der Zuwachs noch rund 66 000 Menschen (0,1 Prozent).
Mehr Beschäftigung gab es ausschließlich in den Dienstleistungsbereichen, berichtet das Amt. In der Industrie wurden 73 000 Personen (minus 0,9 Prozent) weniger registriert und im Baugewerbe sank die Beschäftigung innerhalb eines Jahres um 1,1 Prozent oder 30 000 Personen. Zudem setzte sich der Trend fort, dass immer weniger Menschen selbstständig sind. Ihre Zahl einschließlich der mithelfenden Angehörigen ging um 0,6 Prozent auf 3,8 Millionen zurück.
Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft dürften sich nach Einschätzung der Commerzbank nur langsam aufhellen. Deutschland stehe vor einem „schwierigen Winterhalbjahr, in dem das Bruttoinlandsprodukt bestenfalls stagniert“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer in Frankfurt. Sinkende Leitzinsen sprächen aber für eine wirtschaftliche Aufwärtsbewegung ab Frühjahr. „Zudem ist die Talsohle beim privaten Verbrauch durchschritten.“ Für 2025 prognostiziert Krämer ein leichtes Wachstum der deutschen Wirtschaft von 0,2 Prozent – nach einem Schrumpfen von 0,2 Prozent in diesem Jahr. Die Commerzbank ist damit noch pessimistischer als der Sachverständigenrat („Wirtschaftsweise“) und die EU-Kommission.
In dem eingetrübten wirtschaftlichen Umfeld wagen weniger Menschen den Schritt in die Selbstständigkeit. Die Zahl der Gründungen sank laut Statistischem Bundesamt von Januar bis September um 0,9 Prozent zum Vorjahreszeitraum auf 456 000. Besonders bei Kleinunternehmen gab es einen Einbruch um gut ein Viertel (minus 25,4 Prozent). Für Gründer haben sich die Perspektiven mit dem Zinsanstieg und der schwächelnden Konjunktur verschlechtert. Die Zahl der Gewerbeanmeldungen fiel laut der Statistik ebenso – um 1,0 Prozent auf rund 547 500. Dazu zählen neben Neugründungen auch Betriebsübernahmen, Umwandlungen und Zuzüge aus anderen Meldebezirken. Die Gesamtzahl der Gewerbeabmeldungen stieg dagegen leicht um 0,7 Prozent auf rund 443 000.
Derzeit sieht sich fast jedes vierzehnte Unternehmen in seiner Existenz bedroht. 7,3 Prozent der befragten Betriebe äußerten sich in einer Erhebung des Münchner Ifo-Instituts im Oktober entsprechend. Das sind 0,5 Prozentpunkte mehr als ein Jahr zuvor und 2,5 Prozentpunkte mehr als Anfang 2023.
Der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe, betonte: „Der kontinuierliche Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen dürfte sich fortsetzen.“ Neben fehlenden Aufträgen mache der steigende internationale Wettbewerbsdruck vielen Unternehmen zu schaffen. Schon jetzt liege die Zahl der Unternehmensinsolvenzen deutlich über dem Niveau der Vorjahre.
Die Zahl der Firmen in Deutschland, die um ihre Existenz fürchten, ist gestiegen. Wie das Münchner Ifo-Institut am Freitag mitteilte, waren es in der November-Befragung 7,3 Prozent der Firmen, nach 6,8 Prozent im Oktober.
„Der kontinuierliche Anstieg bei den Unternehmensinsolvenzen dürfte sich fortsetzen“, schloss Ifo-Experte Klaus Wohlrabe aus den Zahlen. Das Problem sei neben fehlenden Aufträgen vor allem der steigende internationale Wettbewerbsdruck.
Neben dem Auftragsmangel beklagen die Firmen in der Umfrage laut Ifo vor allem gestiegene Betriebs- und Personalkosten sowie eine anhaltende Kaufzurückhaltung und hohe bürokratische Anforderungen. Besonders hoch ist die Existenzangst im Einzelhandel (13,8 Prozent – nach 10,3 Prozent im Oktober). Im Verarbeitenden Gewerbe waren es zuletzt 8,6 Prozent. Im Bau und im Dienstleistungssektor entspannte sich die Lage hingegen etwas.