Gema verklagt ChatGPT – und will Geld sehen

von Redaktion

Die Gema verwertet die Rechte von Künstlern wie Herbert Grönemeyer. © Adrian Vallejos/Martin Hangen

München – Der Musikrechteverwerter Gema hat die für ihre Suchmaschine ChatGPT bekannte Firma OpenAI verklagt. Der Grund: OpenAI füttere seine Maschinen systematisch mit urheberrechtsgeschützten Liedern und Texten: „Wir haben ChatGPT gefragt, ob es den Text von Herbert Grönemeyers Lied Bochung kennt – und es konnte ihn 1:1 wiedergeben“, erklärt Kai Welp von der Gema. Zuvor habe man sichergestellt, dass die Daten nicht aus dem Internet gezogen wurden: „Die Antwort kam aus dem System selbst, es wurde also damit trainiert.“ Die Gema vertritt die Urheberrechte von Musikern und kümmert sich etwa um die Lizensierung für Radio, Veranstaltungen und Cover-Bands.

Die Entwicklung von generativer KI, also Programmen, die auf Basis gelernter Inhalte neue Werke schaffen können, stellt Urheber vor ein großes Problem. Denn es gibt Programme, die auf Knopfdruck Lieder komponieren und einspielen können. Aber diese Programme müssen mit Unmengen von Musik trainiert werden. Und dieses Trainingsmaterial sammeln die TechKonzerne bislang erfolgreich gratis ein.

Gema-Chef Tobias Holzmüller: „Unsere Mitglieder fühlen sich bestohlen.“ Denn die Lizenzangebote, mit denen die Kreativ-Schaffenden bezahlt werden, träten damit in Konkurrenz zu den oft kostenlosen KI-Inhalten. Deren Anbieter schüfen auf Kosten der Urheber enorme Werte: „OpenAI wird derzeit mit rund 150 Milliarden Dollar bewertet, ohne dass die, die das überhaupt möglich machen, beteiligt werden.“ Möglich sei das schon: „Wenn auf Spotify Liedtexte eingespielt werden ist das ordentlich lizenziert“, so Holzmüller. Vor allem mit OpenAI sei aber ein neuer Akteur am Markt, der sich nicht an die Regeln halte. „Die großen KI-Konzerne haben in der jüngeren Vergangenheit alle Daten aufgesaugt, die sie finden konnten.“ Für die Gema ist der Fall klar: Der Urheber hat das Recht zur Lizenzierung.

Ein solches Modell hat die Gema bereits entworfen: Sie will zu 30 Prozent an den Einnahmen beteiligt werden, die KI-Anbieter mit der Nutzung ihrer Inhalte erwirtschaften. Etwa durch Abo-Gebühren für die Nutzung einer KI-Maschine. Dazu soll es eine Mindestvergütung geben, die sich an die Menge der wieder ausgespielten Inhalte orientiert. Dazu will die Gema ihre Mitglieder an allen wirtschaftlichen Vorteilen beteiligen, die durch die Nutzung von KI-generierten Musikinhalten entsteht. Etwa wenn ein KI-Lied auf Basis eines echten Werks Einnahmen erzielt. Diese Beteiligung soll mindestens so hoch sein wie für ein Werk, das durch einen menschlichen Künstler geschaffen wurde. OpenAI habe entsprechende Verhandlungen aber abgelehnt.

Die Gema ist die erste Verwertungsgesellschaft, die sich mit den US-KI-Riesen anlegt. Die Klage wurde laut Kai Welp bewusst beim Landgericht München I eingereicht, weil es für schnelle Entscheidungen bekannt ist.

Allerdings rechnet Welp bereits damit, bis vor den Bundesgerichtshof ziehen zu müssen. Der Prozess könnte ein Präzedenzfall werden: Denn nicht nur Musiker, auch Medienverlage sehen sich durch die kostenlose Nutzung ihrer – unter Kosten geschaffenen – Werke bedroht.
MATTHIAS SCHNEIDER

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