„Es rollt eine Lawine auf uns zu“

von Redaktion

vbw-Präsident Wolfram Hatz rechnet mit massiven Stellenkürzungen im Jahr 2025

München – Obwohl etliche Unternehmen bereits Pläne für den Abbau von Arbeitsplätzen veröffentlicht haben, steht nach Einschätzung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) die große Kürzungswelle im kommenden Jahr erst noch bevor: „Die Lawine, die sich hier losgemacht hat, rollt mit einer Massivität auf uns zu“, sagte Wolfram Hatz, Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), gestern in München. Hatz geht davon aus, dass es 2025 zu einem „beschleunigten Abbau von Arbeitsplätzen“ kommen werde. Die Unternehmen müssten „runter von hohen Beschäftigungszahlen“.

Schon jetzt hat sich die aktuelle konjunkturelle Lage nach Einschätzung der vbw auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar gemacht, seit Anfang des Jahres sei die Zahl der Arbeitslosen im Freistaat um 34 000 gestiegen. „Und die Zahl wird weiter steigen“, prognostizierte Hatz mit Blick auf die bereits bekannte Kürzungspläne der Unternehmen.

In Deutschland wollen insbesondere Firmen der Automobilindustrie und deren Zulieferer Arbeitsplätze streichen (siehe Grafik). Viele Produktionsstandorte der Branche befinden sich in Bayern.

Entsprechend eingetrübt hat sich die Stimmung in den Führungsetagen der Unternehmen im Freistaat. Der gestern veröffentlichte vbw-Index ist gegenüber dem Frühjahr 2024 im Herbst von 87 auf 78 Punkte gefallen – das Normalniveau liegt bei 100 Punkten.

„Anzeichen für eine Besserung sind nicht in Sicht“, sagte Hatz. Die Auftragseingänge seien schwach, die Standortbedingungen schlecht und das außenwirtschaftliche Umfeld werde immer schwieriger. Lediglich der Einzelhandel befinde sich im Plus, alles andere ginge dagegen „in den Keller“. Jedes zweite Industrieunternehmen in Bayern sehe seine Produktion aktuell durch fehlende Aufträge beeinträchtigt.

„Mir fehlt einfach im derzeitigen Umfeld die Phantasie, woher die Impulse für einen Aufschwung kommen sollen“, sagte der vbw-Präsident. Um den Umschwung zu schaffen, brauche es eine wirtschaftspolitische Wende. „Die Neuwahlen im Februar bieten eine Chance dazu“, sagte Hatz.

Wie eine „wirtschaftspolitische Wende“ gelingen könnte, davon hat Hatz eine recht konkrete Vorstellung: „Wir müssen erstens die Arbeitskosten senken“, sagte er. Die Lohnzusatzkosten hätten die 40-Prozent-Marke deutlich überschritten, zum Jahreswechsel sei mit einem weiteren Anstieg zu rechnen – diese Kosten seien „Gift für den Standort“, kritisierte er.

„Wir brauchen zweitens bezahlbare Energie“, sagte Hatz und bekräftigte die seit Jahren bestehende Forderung der Industrie nach einem Brückenstrompreis, also einen Stromtarif für industrielle Großverbraucher, der dank zeitlich befristeter staatlicher Subventionen vergleichsweise günstig ist.

„Wir müssen drittens runter von den zu hohen Unternehmenssteuern“, bekräftigte Hatz. Der Standort Deutschland sei international nicht mehr wettbewerbsfähig.

„Viertens müssen wir beherzt die Entbürokratisierung angehen“, betonte der vbw-Präsident. „Das wäre ein Konjunkturprogramm zum Nulltarif.“ Hatz nannte ein Beispiel: Für den Transport eines einzigen Windrads seien in Deutschland inzwischen bis zu 150 Genehmigungen aus mehreren Bundesländern nötig, die Formulare machen demnach oft über 100 Seiten aus. „Wenn der Transport dann nur wenige Zentimeter länger oder sogar kürzer ist, muss er neu genehmigt werden, was im Schnitt zwölf Wochen dauert.“

Außerdem forderte Hatz ein gesellschaftliches Umdenken: „Wir müssen weg von den unseligen Debatten über eine Vier-Tage-Woche, Null-Bock-Tage und überzogener Work-Life-Balance.“ Stattdessen müsse man sich wieder rückbesinnen auf Tugenden wie Leistungsbereitschaft, Fleiß und Disziplin.
SEBASTIAN HÖLZLE

Artikel 3 von 6