Wirtschaft schielt nach Afrika

von Redaktion

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, bei seinem Besuch beim Wirtschaftsgipfel in Afrika. Hier: Am Naivashasee in Kenia. © Sebastian Gollnow/dpa

München – Bayern muss seine wirtschaftlichen Beziehungen im afrikanischen Kontinent ausbauen. Das fordert die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), die beim Institut für Neue Märkte eine Afrikastudie in Auftrag gegeben hat, die unserer Zeitung vorab vorliegt. „Der Handel mit den USA und China wird immer schwerer“, sagt Geschäftsführer Bertram Brossardt. „Vor dem Hintergrund der sich veränderten Weltwirtschaftsordnung müssen wir unsere Außenwirtschaftsbeziehungen stärker diversifizieren und neue Absatz- und Beschaffungsmärkte erschließen – auch und gerade in Afrika.“

Die Region Subsahara-Afrika verzeichne seit Jahren ein dynamisches Wachstum, eine wachsende Mittelschicht und eine rasante Urbanisierung. Für 2024 und 2025 wird für die Region ein Wachstum von gut vier Prozent erwartet. Andere Länder, allen voran China, sind bereits sehr präsent, zeigen die Studienergebnisse. Italien, die Niederlande und Frankreich ziehen nach. Für die deutsche und bayerische Wirtschaft spielt Afrika bislang dagegen eine geringe Rolle.

Im Jahr 2023 machte der Handel mit Afrika 1,8 Prozent des bayerischen Außenhandelsvolumens aus. Der Großteil entfiel auf die nordafrikanischen Staaten und im Trend sind die Exportanteile gesunken. Der Anteil der Exporte nach Subsahara-Afrika lag bei lediglich 0,7 Prozent, ohne Südafrika sind es nur 0,28 Prozent. Die deutschen Direktinvestitionen in Afrika haben sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt, aber im selben Zeitraum hat Frankreich seine Direktinvestitionen versechsfacht, China verneunzigfacht.

Deutschland in Afrika kaum präsent

Als Gründe für die Zurückhaltung im Afrikageschäft nennen die Unternehmen in der Studie am häufigsten politische Instabilität, Korruption, mangelnde Infrastruktur, fehlende Fachkräfte und schwierige Finanzierungsmöglichkeiten. Das Kernproblem ist die mangelnde politische Stabilität. Mali, Niger und Burundi stiegen nach Staatsputschs aus der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft aus. Die Wirtschaft ist geprägt von hoher Inflation und staatlichen Eingriffen. Ein zweites Problem ist der inner-afrikanische Transport. Die uneinheitlichen Staatsregulierungen führen zu langen Wartezeiten und hohen Kosten an den Grenzen.

Es sei richtig, dass die Bedingungen teilweise nach wie vor schwierig sind, so Brossardt, aber es gebe spürbare Fortschritte in der Informations- und Kommunikationstechnologie oder beim Bildungsniveau. Bis 2023 sollen 22 Prozent der Verbindungen über die 5G-Technologie und 47 Prozent über 4G laufen. Immer mehr Kinder besuchen weiterführende Schulen. „Mit einem prognostizierten Wachstum von rund vier Prozent in diesem und im nächsten Jahr bietet die Region großes wirtschaftliches Potenzial.“ Um das Potenzial zu nutzen, müsse die künftige Bundesregierung zügig eine Afrika-Strategie verabschieden. Laut Studie liegt Deutschland bei der Exportfinanzierung weit hinter den Niederlanden und Italien. „Die Privatwirtschaft muss in den Fokus der Afrika-Politik rücken“, sagt der vbw-Chef. Ohne ein verstärktes Engagement der Unternehmen würden weder die ökonomischen noch die entwicklungspolitischen Ziele erreicht. Brossardt fordert: „Die Politik muss die Genehmigungsverfahren für Projektfinanzierungen beschleunigen.“

China ist stärkster Konkurrent

Die Herausforderung auf den afrikanischen Märkten für deutsche Unternehmen sei die Wettbewerbssituation, so Brossardt. 38 Prozent der Studien-Befragten spüren bereits große internationale Konkurrenz, 32 Prozent sehen diese weiter wachsen. 23 Prozent der Firmen geben an, dass auch die lokale Konkurrenz wächst. Nur für ein knappes Fünftel hat die deutsche Wirtschaft eine starke und stabile Marktposition in Afrika. Der größte Konkurrent in Afrika ist China. Daher versuchen viele Staaten, ihre Unternehmen bei Kooperationsprojekten mit chinesischen Unternehmen in Afrika zu unterstützen. Frankreich hat eine Vereinbarung mit China über die Zusammenarbeit chinesischer und französischer Unternehmen auf Drittmärkten, Deutschland hat bislang keine solche Vereinbarung.

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