Chefwechsel im BMW-Aufsichtsrat?

von Redaktion

München – Laut „Handelsblatt“ kündigt sich ein Machtwechsel im BMW-Aufsichtsrat an: Der ehemalige Finanzchef Nicolas Peter, Jahrgang 1962, soll das BMW-Urgestein Norbert Reithofer als Chef des Aufsichtsrats ablösen. Großaktionär Stefan Quandt und die Arbeitnehmervertreter um Betriebsratschef Martin Kimmich hätten sich bereits auf die Personalie geeinigt und wollen kommende Woche im Aufsichtsrat eine entsprechende Empfehlung aussprechen, schriebt die Zeitung. Weder Kimmich noch BMW wollten den Vorgang gegenüber unserer Zeitung kommentieren. Der Aufsichtsrat müsste Peter wählen und die Hauptversammlung dem Wechsel im Mai zustimmen.

Peter würde das Kontrollgremium des Autobauers in einer Zeit des Umbruchs leiten: Ende 2025 soll der lang erwartete Anlauf der Neuen Klasse beginnen, der neuen Generation von E-Autos bei BMW. Der Konzern hat dafür viele Milliarden ausgegeben und ein eigenes Werk in Ungarn aufgebaut. Zudem wird BMW-Chef Oliver Zipse 2026 den Chefsessel räumen. Zipse wird große Fußstapfen hinterlassen, obwohl er in der Öffentlichkeit mitunter umstritten war, weil er sich nicht auf ein Enddatum für den Verbrenner-Bau festlegen wollte. Trotzdem trieb Zipse die Elektrifizierung bei BMW konsequent voran, weshalb die Münchner bei E-Autos heute besser aufgestellt sind als viele Konkurrenten. Da der Aufsichtsrat den Vorstand ernennt, müsste Peter einen Übergang für einen potenziellen Nachfolger mitgestalten. Derzeit werden Produktionschef Milan Nedjelkovic, Pesonalchefin Ilka Horstmeier und Einkaufschef Joachim Post als Kandidaten gehandelt.

Zugleich würde Peter in einer Krisenphase auf den wichtigen Posten kommen. Der Konzern leidet im Moment darunter, dass Millionen BMW wegen Problemen mit Bremsen des Zulieferers Continental zurückgerufen werden müssen oder nicht ausgeliefert werden können. Im Herbst hatte BMW deshalb eine Gewinnwarnung herausgegeben. Zugleich bröckelt auch bei BMW das Geschäft in China. Mitarbeiter mussten bereits leichte Einbußen bei Weihnachtsgeld und Boni hinnehmen.

Konzernkenner halten Peter durchaus für geeignet, um die Aufgaben zu meistern. Er ist zwar Jurist und kein Ingenieur wie sein Vorgänger Reithofer. In der Finanzkrise soll er den Konzern jedoch in der Gewinnzone gehalten haben, ohne dabei wie ein Sparkommissar ohne Rücksicht auf Geschäftsbetrieb und Zukunft gekürzt zu haben, heißt es. Ab 2011 hatte er im Vertrieb für Europa maßgeblichen Anteil am ersten Anlauf der E-Mobilität im Unternehmen mit dem i3. Und trotz diplomatischem Auftreten soll er Vorhaben konsequent umsetzen können. Auch internationale Erfahrung kann Peters vorweisen: Er hat nicht nur die deutsche und französische Staatsbürgerschaft, sondern besetzte bereits Stellen in Belgien, Frankreich und Schweden und war an der Übernahme des chinesischen Joint-Ventures Brilliance beteiligt.

Bisher ist Norbert Reithofer Chef des Aufsichtsrats von BMW. Der 1956 geborene Penzberger ist ein langjähriger Vertrauter der Eigentümerfamilien Quandt und Klatten und war von 2006 bis 2015 BMW-Chef. Stefan Quandt besitzt knapp 27 Prozent der BMW-Aktien, Susanne Klatten rund 22 Prozent. Die beiden Eigentümerfamilien sitzen seit vielen Jahren im Aufsichtsrat. Vom Chefsessel wechselte Reithofer im Mai 2015 ohne die geforderte Abkühlungsphase von zwei Jahren direkt in den Aufsichtsrat, den er ab dem ersten Tag leitete – ein Verstoß gegen die Regeln guter Unternehmensführung. Sollte Peter Reithofers Nachfolger werden, würde er die geforderte Auszeit von zwei Jahren exakt einhalten, was dafür spricht, dass der Wechsel seit Längerem vorbereitet war, wie das „Handelsblatt“ berichtet: 2023 zog er sich als Finanzchef von BMW zurück und leitet seither die BMW-Stiftung, die nicht Teil des Konzerns ist.

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