Unter den Exporteuren von Rindfleisch ist Brasilien weltweit die Nummer eins. Während das Mercosur-Abkommen in Südamerika als Chance gesehen wird, reagieren speziell die europäischen Landwirte ablehnend. © Nelson Almeida/AFP
Montevideo – Die EU-Kommission hat ungeachtet anhaltender Bedenken von Ländern wie Frankreich, Italien und Polen die Verhandlungen über eine riesige Freihandelszone mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur abgeschlossen. Das teilte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einer finalen Gesprächsrunde mit Spitzenvertretern der Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay mit. Die Verhandlungen liefen über einen Zeitraum von fast einem Vierteljahrhundert.
„Dieses Abkommen ist ein Gewinn für Europa“, sagte von der Leyen in Montevideo. Es werde für Menschen und Unternehmen funktionieren und mehr Arbeitsplätze, mehr Auswahl und Wohlstand schaffen. „Unternehmen profitieren von niedrigeren Zöllen und vereinfachten Verfahren“, sagte von der Leyen.
Zuletzt hatte vor allem die Bundesregierung Druck gemacht, die Verhandlungen endlich zu finalisieren und den Text für das Abkommen den EU-Staaten zur Abstimmung vorzulegen. „Nach mehr als 20 Jahren Verhandlungen ist die politische Einigung zwischen den Mercosur-Staaten und der EU da – eine wichtige Hürde für das Abkommen ist genommen“, schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf X. „So kann für mehr als 700 Millionen Menschen ein freier Markt entstehen, mehr Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.“
Deutschland setzt dabei darauf, dass der handelspolitische Teil im Rat der Mitgliedstaaten per Mehrheitsentscheidung beschlossen werden könnte. Ein Vetorecht hätten Staaten dann nur noch bei den geplanten Vereinbarungen zum politischen Dialog und zur Kooperation. Ein solches Splitten des Vertrages könnte aber Rechtsrisiken bergen.
Dass das Abkommen umgesetzt werden kann, wenn es auch nationalen Parlamenten zur Zustimmung vorgelegt werden muss, gilt insbesondere wegen der Bauernproteste in Frankreich als unwahrscheinlich. Das Abkommen sei in seiner jetzigen Form inakzeptabel, ließ Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verlauten. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni teilte mit, die Voraussetzungen für das Abkommen seien derzeit nicht gegeben.
Der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages, Manfred Gößl, nannte den Abschluss „an sich eine gute Nachricht“. Er verwies jedoch auf den anhaltenden Widerstand von Ländern wie Frankreich. „Realistisch betrachtet müssen wir uns darauf einstellen, dass das Freihandelsabkommen am Widerstand einer Handvoll EU-Staaten scheitern könnte.“
In Bayern belief sich das Handelsvolumen mit den Mercosur-Staaten 2023 auf 2,7 Milliarden Euro. Bayern exportiert vor allem Maschinen, Fahrzeuge, Chemie- und Elektrotechnikprodukte sowie hochwertige Industriegüter.
Kritisch äußerte sich auch der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied. Er monierte, dass das Abkommen ohne wesentliche Veränderungen des Agrarteils zum Abschluss gebracht wurde. Es gehe „einseitig zu Lasten der europäischen Bauern“. Rukwied appellierte an EU-Parlament und Europäischen Rat, sie dürften „das Abkommen in dieser Form nicht annehmen“.