Zürich – In Deutschland wird er als Aufklärer der illegalen Cum-Ex-Geschäfte gefeiert, in der Schweiz muss sich der Anwalt Eckart Seith aus Stuttgart erneut gegen den Vorwurf der Wirtschaftsspionage verteidigen. Die Staatsanwaltschaft hatte für ihn Sicherungshaft wegen Fluchtgefahr beantragt. Seith bezeichnete das in einer Verhandlungspause am Obergericht Zürich am Montag als „Kampfansage“. Richter Beat Gut stellte klar, ihm drohe keine Verhaftung.
Seiths Anwalt plädierte auf Freispruch. „Die Schweiz würde sich ja sonst als Rückzugsort der internationalen Finanzmarktkriminalität präsentieren“, sagte Seith vor der Verhandlung.
Vor dem Gerichtsgebäude in Zürich demonstrierte unter anderem die frühere Kölner Cum-Ex-Staatsanwältin Anne Brorhilker mit einem Plakat für den Freispruch von Seith. Als Seiths Verteidiger trat auch der frühere Justizminister von Nordrhein-Westfalen, Peter Biesenbach, auf. Er äußerte Unverständnis darüber, dass das Verfahren nicht eingestellt werde. Schließlich habe Seith dazu beigetragen, „das größte Finanzverbrechen der vergangenen Jahrzehnte“ aufzuklären.
Erst Seiths Unterlagen hätten die Cum-Ex-Ermittlungen ins Rollen gebracht, sagte Brorhilker. In Deutschland gab es inzwischen mehr als ein Dutzend Verurteilungen gegen Beteiligte an den Cum-Ex-Geschäften. Damit wurden Anlegern Traumrenditen versprochen. Grundlage dafür waren verwirrende Aktienverschiebungen, die dazu führten, dass eine nur einmal gezahlte Kapitalsteuer mehrfach ausgezahlt wurde. Brorhilker war Cum-Ex-Chefermittlerin bei der Staatsanwaltschaft Köln. Sie verließ den Staatsdienst mit scharfer Kritik an der aus ihrer Sicht unzureichenden Aufarbeitung des Steuerskandals. Sie ist heute Co-Geschäftsführerin des Vereins Finanzwende.
Seith hatte seine Unterlagen auch Schweizer Behörden zur Verfügung gestellt. Die Staatsanwaltschaft Zürich ermittelte aber nicht gegen die Bank, sondern Seith sowie zwei deutsche Mitangeklagte.