Stahlbranche ringt um ihre Zukunft

von Redaktion

Die Stahlbeschäftigten Deutschlands stehen vor einer ungewissen Zukunft. © Hauke-Christian Dittrich/dpa

Berlin – Dumpingpreise aus Fernost, hohe Energiekosten, schwierige „grüne“ Transformation: Die Stahlindustrie steckt in schwierigen Zeiten. „Das Jahr 2025 entscheidet über das Schicksal der deutschen Stahlindustrie“, sagte der Gesamtbetriebsrat von Thyssenkrupp Steel.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte der Branche nach einem Stahlgipfel in Berlin Unterstützung zu. Er ist aber in einer schwachen Position, die rot-grüne Bundesregierung hat nach dem Scheitern der Ampel-Koalition keine Mehrheit mehr im Bundestag.

Deutschland ist der größte Stahlhersteller in der EU. Wichtigste Abnehmer sind laut Branche die Bauindustrie, die Automobilindustrie und der Maschinenbau. Ende September waren in der Branche laut Statistischem Bundesamt rund 71 000 Menschen beschäftigt. Die Branche fordert unter anderem einen wirksamen Schutz vor günstigen Importen und eine Deckelung der Stromnetzentgelte bei drei Cent pro Kilowattstunde.

Auch Parul Kumar vom Beratungshaus Epico sieht die deutschen Hersteller vor großen Problemen: „China hat Überkapazitäten, weil die Nachfrage im dortigen Bausektor aktuell deutlich geringer geworden ist. Diese Entwicklungen haben auch zu niedrigen Preisen beigetragen.“

Die Kosten, die den europäischen Herstellern durch den CO2-Preis entstehen, seien im europäischen Markt indes kein Nachteil mehr: „Europa hat mit dem CBAM einen wirksamen Schutzmechanismus gegen Stahl, der mit Kohle ohne CO2-Kosten hergestellt wurde.“ Durch das europäische CO2-Grenzausgleichssystem wird eine Art Zoll auf Waren erhoben, die nicht aus der EU kommen. Die Höhe wird aus der CO2-Intensität der Ware und dem europäischen CO2-Preis berechnet.

Dennoch: „Aktuell sind die Stromkosten in Deutschland zu hoch“, so Kumar. Um sie marktseitig zu senken, könnten die Hersteller Strom direkt bei Grünstromerzeugern einkaufen. Der Staat seinerseits könnte Maßnahmen fördern, mit denen die Hersteller ihre Produktion flexibler fahren können, um günstige Stromphasen abzupassen. Zudem sei eine Absenkung der Netzentgelte denkbar.

Subventionen dürften aber langfristig nicht mit der Gießkanne verteilt werden: „Die Stahlindustrie muss irgendwann auf eigenen Beinen stehen.“ Grüner Stahl hat durch den steigenden CO2-Preis einen Vorteil gegenüber Stahl aus Kohle, auch aus dem Ausland. Kritischer seien grüne Wettbewerber: „Wenn ein Land beides, Eisenerz und günstigen grünen Strom hat, wird es aber eine ernsthafte Konkurrenz für die deutschen Stahlhersteller. Es ist durchaus möglich, dass Länder wie Schweden oder Spanien langfristig die attraktiveren Standorte sind.“ Dennoch: „Dabei wird es allerdings wichtig sicherzustellen, dass die Stahlerzeugung für strategische Bereiche wie die Rüstungsindustrie in Deutschland gehalten wird.“
MAS/DPA

Artikel 5 von 11