Die Tipps der „Mutter der Verpackung“

von Redaktion

Verpackungs-Expertin Sabine Eller in einer Logistikhalle. Rechts oben: Mit speziellen Paletten werden die Seecontainer bis an die Decke gefüllt. Rechts unten: Bei der Weihnachtspost rät Eller zu Recyclingverpackungen. © Fotos: Daniel Kraus, Panthermedia

San Luis Potosí – In einer Logistikhalle einer riesigen Autofabrik in Mexiko steht Sabine Eller zwischen aufgetürmten Kartons und einem halb vollen Seecontainer. Um sie herum hat sie kleine Hocker und Tischchen gruppiert, natürlich hergestellt aus Wellpappe mit Recyclingpapier. „Sie können sich ruhig setzen, die halten erstaunlich viel aus“, sagt Eller. Sie muss es wissen: Für die Lego-Steine ihres Sohns hat Eller schon vor etwa 30 Jahren kleine Schränkchen aus Wellpappe gebaut. Auch Stühle, Tische und anderen Einrichtungsgegenstände aus dem braunen Verpackungsmaterial standen zu Beginn ihres Berufslebens in ihrer Wohnung.

„Verpackungen und Versand sind ein total unterschätztes Thema“, sagt Eller, die bei BMW ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Der Autobauer schickt in seinem Produktionsnetzwerk täglich Millionen Teile rund um den Globus, von Schrauben über Scheinwerfer bis zu kompletten Motoren. Eller, die man bei BMW „die Mutter der Verpackung“ nennt, ist mit dafür verantwortlich, dass dabei nichts zu Bruch geht und möglichst wenig Kosten und Emissionen entstehen. Denn das Sparpotenzial in der Logistik ist riesig: Rund 77 000 Seecontainer verschickt BMW pro Jahr. „Durch smartes Verpacken reduzieren wir die Menge deutlich.“

Die größte Auswirkung hat dabei ein einfacher Kniff, auf den bisher aber kaum jemand gekommen ist: In Europa ist die sogenannte Europalette mit den Abmessungen 1,20 Meter mal 80 Zentimeter mal 99 Zentimeter der Standard beim Transport. Auf dieser liefern die meisten Industriekonzerne und Autobauer ihre Teile und Waren aus. Das Problem: Der Stauraum der Seecontainer, mit denen Dinge über die Weltmeere geschippert werden, kann mit beladenen Europaletten nicht optimal genutzt werden. Denn egal, wie man die Europaletten im Container stapelt: Am Rand und unter der Decke der Container bleibt enorm viel Luft, sodass man Unmengen an Platz verschenkt und gleichzeitig die Leerräume mit Stausäcken füllen muss, um die Ladung zu stabilisieren. Sabine Eller fand das ineffizient. BMW hat sich deshalb in der Auslandsversorgung für den Versand der Bauteile nach Übersee von der Europalette verabschiedet und plante einfach die Palettengröße auf 119 Zentimeter mal 76 Zentimeter mal 84 Zentimeter um, damit die Container bis unter die Decke gefüllt sind und der Raum optimal genutzt wird. Ein kleiner Trick mit großem Nutzen: Nun passen 90 Kartons oder 68 Kubikmeter Material in den Seecontainer – mit Europaletten waren es nur 46, etwa ein Drittel weniger. Weil so tausende Container weniger transportiert werden müssen, hilft das nicht nur der Umwelt, sondern auch dem Konzern. Immerhin kostet jeder Kubikmeter auf einem Frachtschiff bares Geld.

Ellers zweiter Ansatzpunkt: das Verpackungsmaterial. BMW experimentiert hier bei kontinentalen Transporten schon ausgiebig mit Recyclingmaterial, Karton, Holz, Bio-Polymeren und sogar Pilzgeflechten. In der Überseelogistik bestehen die großen Boxen für die Seecontainer jedoch nach wie vor aus Wellpappe auf einer Holzpalette. Allerdings sind sie so gefertigt, dass die Bauteillieferanten in Europa diese einfach befüllen und die Mitarbeiter in den BMW-Werken in den USA, Mexiko oder China diese schnell und einfach öffnen können, ohne sie dabei zu zerstören. Dann kann man die Verpackungen ein weiteres Mal um den Globus schicken, was erneut Material, Geld und Emissionen spart.

Was im Großen funktioniert, klappt auch im Kleinen, betont Eller, die gerne und ausgiebig im Supermarkt die Lebensmittelverpackungen mit großem Interesse studiert. Auch für die Weihnachtspost hat sie ein paar Tipps. Der Erste: „So minimalistisch wie möglich packen und wie bei den Seecontainern keine Luft lassen.“ Das mache die Pakete nicht nur handlich, sondern so bleibe auch der Inhalt geschützt, weil er nicht durch das Paket fliegt. „Zweitens sollte man auf das Material achten“, sagt die Verpackungsexpertin. Als Box eigne sich zum Beispiel ein Schuhkarton oder „etwas anderes, was ein zweites Leben bekommt“. Und auch beim Geschenkpapier sollte man beachten, dass es recyclingfähig ist. „Deshalb auf keinen Fall metallisiertes Geschenkpapier verwenden, sondern Recyclingpapier mit dem Umweltsiegel Blauer Engel.“

Das Wichtigste sei aber, dass ein Geschenk von Herzen komme, sagt Eller. Sie selbst, die regelmäßig auf Verpackungs-Mission um die Welt reist, verschenkt an ihre Lieben deshalb ihr wertvollstes Gut: gemeinsame Zeit. „Die muss man übrigens gar nicht verpacken“, sagt Eller. Und das ist ja auch mal ganz schön.

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