Luftfahrt ächzt unter hohen Kosten

von Redaktion

Start einer Lufthansa-Maschine am Flughafen München. © Frank Hoermann/SVEN SIMON, IMAGO

München – Anders als in den europäischen Nachbarländern kommt die Luftfahrt in Deutschland kaum in Schwung. Dem Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) zufolge werden von September 2024 bis Ende Februar 2025 von, nach und innerhalb Deutschlands Flüge mit 115,7 Millionen Sitzplätzen angeboten. Das sind zwar 5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, aber auch immer noch 13 Prozent weniger als in der Zeit vor der Corona-Pandemie.

Im europäischen Vergleich fliegt Deutschland mit dieser Erholungsquote von 87 Prozent deutlich dem Angebot im übrigen Europa hinterher, wo inzwischen 106 Prozent erreicht sind. Einen besonders schmalen Flugplan haben die mittelgroßen Flughäfen.

Erst diese Woche meldete der Flughafenverband ADV dann eine neue Schock-Zahl für die Branche: In den ersten beiden Novemberwochen lagen die Passagierzahlen nur auf 75 Prozent des Vorkrisenniveaus. Zum Ende des Sommerflugplanes waren es laut Verband noch 91,4 Prozent gewesen, die Entwicklung sei „unerwartet deutlich eingebrochen“, so der ADV. „Gerade in den für Airlines margenschwachen Wintermonaten, wenn die Nachfrage nach touristischen Reisen zurückgeht, zeigt sich die Schwäche des Luftverkehrsstandortes Deutschland“, kommentiert der ADV. Denn vor allem Geschäftsreisende greifen seit der Corona-Pandemie oft lieber auf Video-Konferenzen und Bahnfahrten zurück, als den Flieger zu nehmen. Damit fehlt den Airlines ein gewohnter Puffer für die übliche saisonale Schwäche.

Dritthöchste Gebühren in der EU

ADV-Chef Ralph Beisel sieht vor allem in hohen Kosten ein Problem des Standorts: „Während Standorte im europäischen Ausland prosperieren, vertreiben die hohen regulativ bedingten Belastungen die Airlines.“ Laut ADV gibt es drei staatlich induzierte Posten, die die Abflüge teurer machen: Zum einen die Luftverkehrssteuer, deren Erhöhung im Mai dieses Jahres beschlossen wurde. Sie liegt jetzt zwischen 15,53 und 70,83 Euro pro Ticket, eine Erhöhung um 25 Prozent. Dazu kommen Flugsicherheitsgebühren, also im Wesentlichen die Fluglotsen und die Luftsicherungsgebühren, also die Sicherheitskontrollen am Flughafen.

All diese Kosten würden sich zwischen 2019 und 2025 mit 110 Prozent mehr als verdoppeln, resümiert Jost Lammers, Chef des Münchner Flughafens. Allein die Gebühren für die Luftraumsicherung haben sich laut ADV zwischen 2019 und 2024 von 124,34 Euro auf 271,24 Euro pro Dienstleistungseinheit mehr als verdoppelt. Damit habe Deutschland die dritthöchsten Gebühren in der EU.

Vergleichsweise moderat sind dagegen die Kosten für die Gepäck- und Passagierkontrollen: Die Höchstsätze pro Passagier werden 2025 von 10 auf 15 Euro steigen. Laut ADV kostet es schnell einen vierstelligen Betrag mehr, einen Flieger in Deutschland starten zu lassen, als im EU-Durchschnitt (siehe Grafik).

Freilich kann man streiten, ob die Kosten für Sicherheitskontrollen und die Flugsicherheit staatliche Kostenpunkte sind. Die Gebühren für die Dienstleistungen werden zwar vom Staat reguliert, im Gegensatz zur Luftverkehrssteuer sind sie aber für den Flugbetrieb zwingend nötig. Für Flughafenchef Lammers ist aber klar: Wenn die deutschen Flughäfen wieder wettbewerbsfähig sein sollen, muss die Luftverkehrssteuer abgeschafft und die Kosten für die Gefahrenabwehr ganz oder teilweise vom Staat getragen werden.

Problemfall grüner Sprit

Perspektivisch steht die Branche vor einer noch größeren Herausforderung: dem grünen Fliegen. 2023 hat die EU beschlossen, dass die Airlines ab 2025 zwei Prozent ihres Kerosins durch grüne Kraftstoffe ersetzen müssen. Stand heute setzt die Branche auf raffiniertes Pflanzenöl. Bis 2050 müssen es 70 Prozent sein.

Das sei schwierig, kritisierte schon 2023 Lufthansa-Chef Carsten Spohr: „Es wird aus heutiger Sicht nicht aufgehen, die Verfügbarkeit überhaupt an den Mengen zu haben, die man von uns verlangt.“ Dazu kommt: Ab 2030 sollen 1,2 Prozent des Kerosins aus E-Fuels bestehen. Das sind Kraftstoffe, für deren Herstellung unter Einsatz von Strom Wasser in Wasserstoff aufgespalten und dann mit Kohlenstoff zu Kerosin synthetisiert wird. Doch sogar diese kleine Menge scheint schwer zu beschaffen, wie die Lufthansa klagt. Denn bis dato gibt es in Europa weder große Fabriken, noch die nötigen Strommengen für die Herstellung.

Zusätzlich beschreitet Deutschland einen Sonderweg: Ab 2026 muss Deutschland einen höheren E-Fuels-Anteil am nachhaltigen Kerosin haben, als die EU vorgibt. Auch diese Vorgabe sollte laut Lufthansa und Flughafen München mit dem europäischen Recht harmonisiert werden. Das würde zumindest an dieser Front Waffengleichheit schaffen.

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