„Weihnachtswunder“ bei Lilium

von Redaktion

Der Lilium-Jet könnte doch noch abheben. Ein Konsortium aus Großinvestoren kauft die für den Betrieb relevanten Töchter des Münchner Start-ups. © Justin Tallis/AFP

Gauting – Noch vor wenigen Tagen stand Lilium vor dem Aus, nun geht es überraschend doch weiter: Der Flugtaxi-Hersteller mit Sitz in Gauting und Entwicklung in Oberpfaffenhofen hat seit Weihnachten einen neuen Besitzer. Die Verhandlungen liefen bis in die Nacht auf den 24. Dezember, selbst die Lilium-Gründer hatten kaum mehr Hoffnung. Vier Tage zuvor hatten sie bereits alle 1000 Mitarbeiter informiert, dass sie ihre Kündigung erhalten und das Start-up den Betrieb einstellt. Es kam anders.

In einer emotionalen Videokonferenz erfuhren rund 750 von ihnen am Heiligabend, dass sie ihren Job doch behalten können. Vorausgegangen waren tagelange Verhandlungen bis zum 24. Dezember. „Wir freuen uns sehr, die Unterzeichnung einer Investitionsvereinbarung mit einem sehr erfahrenen Investorenkonsortium bekannt zu geben“, schrieb Lilium-Chef Klaus Roewe zeitgleich in einer Pressemitteilung. „Der Abschluss der Transaktion Anfang Januar wird es uns ermöglichen, unser Geschäft wieder aufzunehmen.“ Ein Sprecher sagte gegenüber unserer Zeitung: „Es ist ein Weihnachtswunder!“

Investorengruppe um Philipp Schoeller

Der Lilium-Käufer: die gerade erst gegründete Mobile Uplift Corporation GmbH aus München, hinter der deutsche, europäische und nordamerikanische Investoren stecken sollen. Wer genau, ist bisher unklar – Lilium äußerte sich auf Nachfrage nicht dazu. Als Geschäftsführer und damit Gesicht der Gruppe ist aber Philipp Schoeller eingetragen. Er hat Elektrotechnik an der ETH Zürich studiert, ist Mitgründer der General Capital Group und Direktor des German Blue Chip Pools – einer Beteiligungsgesellschaft, die Anteile an Konzernen wie Siemens, VW oder Lanxess hält und die zum größten Einzelinvestor für deutsche Unternehmen aufsteigen will.

Erworben hat Mobile Uplift zwei Lilium-Töchter, in denen die Patente für das Flugtaxi sowie das operative Geschäft samt Maschinen und Produktionsstätten gebündelt sind. Das klingt technisch, hat aber gravierende Folgen: Das Geschäft geht nämlich mit diesen beiden Gesellschaften weiter, die Lilium-Muttergesellschaft, die von Geldgebern wie dem Internetriesen Tencent oder einer Investorengruppe von Frank Thelen 1,5 Milliarden Euro eingesammelt hatte, geht hingegen in die Abwicklung. Damit dürften die Altinvestoren von Lilium künftig außen vor sein, ihr Geld ist wohl weg. Auch das bisherige Board – eine Mischung aus Management und Aufsichtsrat – scheidet aus. Dort saßen Hochkaräter aus der Flugszene wie der ehemalige Airbus-Chef Tom Enders. „Mein Dank gilt dem Lilium-Management unter der Führung von Klaus Roewe, dass es nach Eintritt der Insolvenz Ende Oktober die Flinte nicht ins Korn geworfen, sondern die Ärmel hochgekrempelt und unermüdlich nach neuen Investoren gesucht hat“, sagte Enders unserer Zeitung.

Lilium muss Vertrauen zurückgewinnen

Lilium hat in den vergangenen zehn Jahren ein elektrisches Kleinflugzeug entwickelt, das senkrecht startet und landet. Auf der Zielgeraden ging dem Start-up jedoch das Geld aus, seit Oktober ist Lilium pleite. Nun soll die Übernahme in den ersten Januartagen vollzogen werden und der Betrieb in Oberpfaffenhofen nach den Weihnachtsferien nahtlos weitergehen. Der Gläubigerausschuss von Lilium habe bereits zugestimmt, heißt es. Dennoch steht der Deal „unter dem Vorbehalt der Erfüllung bestimmter üblicher aufschiebender Bedingungen“, schreibt das Unternehmen.

Um den Jet doch noch in die Luft zu bekommen, müssen nicht nur die gekündigten 750 Mitarbeiter zurück an ihre Arbeitsplätze geholt werden. Auch die Zulieferer und Kunden muss Lilium überzeugen. „Wir müssen das Vertrauen wiederherstellen, es ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten“, sagte der Lilium-Sprecher unserer Zeitung.

Bisher hat das 2015 von Absolventen der TU München gegründete Start-up den bemannten Erstflug seines Flugtaxis immer wieder verschoben. Zuletzt war er für 2025 angekündigt, erste Auslieferungen für 2026. Lilium hat laut eigenen Angaben mehr als 100 feste Bestellungen samt Optionen auf weitere Käufe sowie 600 Interessensbekundungen potenzieller Kunden für sein Flugtaxi.

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