Penzberg/Frankfurt – Der frühere Bundesbank-Präsident Helmut Schlesinger ist im Alter von 100 Jahren gestorben. Das Institut würdigt den Einsatz des gebürtigen Oberbayers für eine stabile D-Mark, der ihm internationale Anerkennung beschert habe.
Bundesbank-Präsident Joachim Nagel lobte seinen Vorgänger: „Helmut Schlesingers Handeln folgte stets klaren und festen Linien mit dem Ziel der Geldwertstabilität. In seinen mehr als 41 Jahren bei der Bundesbank hat er einen großen Beitrag dazu geleistet, dass die D-Mark eine der stabilsten Währungen der Welt war und auch zu dem Stabilitätsanker im späteren Europäischen Währungssystem wurde.“
Schlesinger hatte der deutschen Zentralbank nur kurze Zeit vom 1. August 1991 bis 30. September 1993 vorgestanden, weil die Amtszeit wegen seines fortgeschrittenen Alters bei Antritt von vornherein begrenzt worden war.
Geboren 1924 im oberbayerischen Penzberg, wurde Schlesinger Notenbanker von der Pike auf. Nach einer Station beim Münchner Ifo-Institut kam der promovierte Volkswirt 1952 zur Bank deutscher Länder, der Vorläuferin der Bundesbank, und baute die Notenbank praktisch mit auf. 1980 wurde er Vizepräsident der Notenbank und beerbte schließlich im August 1991 Karl Otto Pöhl als Bundesbank-Präsident. Seit 1949 war er mit seiner Ehefrau Carola verheiratet, mit der er vier Kinder hatte.
Euro-Schuldenkrise, Griechenland-Drama, Staatsanleihenkäufe – wachsam verfolgte Schlesinger auch im hohen Alter die Arbeit seiner Nachfolger in der Bundesbank und der Europäischen Zentralbank (EZB): „Ich lese täglich Zeitung, die Monatsberichte und die Presseauszüge der Bundesbank – und den ,Economist´ von vorne bis hinten.“ Auf E-Mails antwortete er prompt – mit Unterstützung seiner Frau Carola, mit der er am 29. Oktober 2019 seit 70 Jahren verheiratet war: „Meine Frau bedient das Internet.“
Einen kritischen Blick auf die Geldpolitik hat sich Schlesinger stets bewahrt. Als die EZB im Mai 2010 Euro-Krisenländer durch Staatsanleihenkäufe stützte, warnte Schlesinger: „Damit ist der Rubikon überschritten.“ Dass Notenbanken mit einer Flut billigen Geldes politische Probleme bekämpfen, war dem Währungshüter alter Schule ein Graus. „Leichtfertig“ sei Zentralbankgeld in Umlauf gebracht worden.
Durchhaltevermögen zeigte der Vater von drei Töchtern und einem Sohn auch im Privaten. „Die Alpen haben mir schon gefehlt, als wir nach Hessen gezogen sind“, sagte Schlesinger, der seit 1962 in Oberursel lebte.