Bayerns Wirtschaft fordert Rentenalter von 68 Jahren

von Redaktion

München – Wolfram Hatz hat sich einen kleinen Spaß erlaubt. Zu Beginn der Vorstellung des „100-Tage-Programms“, das die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) zur Bundestagswahl am 23. Februar vorlegt, zitiert der Präsident ausgerechnet einen SPD-Politiker. „Wir haben ein schwaches Wachstum, eine hohe Staatsverschuldung, eine unzureichende Bildung und Qualifikation vieler Menschen. Wir haben ein unflexibles Arbeitsrecht, einen überbordenden Sozialstaat, eine hohe Steuer- und Abgabenlast. Wir haben zu wenig Eigenverantwortung und zu viel Bürokratie.“ Die Worte stammen von Gerhard Schröder aus dem März 2003, als der damalige Kanzler seine „Agenda 2010“ vorstellte. Und Hatz könnte sie 22 Jahre später alle unterschreiben.

Die bayerische Wirtschaft sieht dringenden Handlungsbedarf für umfassende Reformen. Der Abbau von Arbeitsplätzen sei bereits in vollem Gange. Allein in der Metall- und Elektroindustrie prognostiziert man einen Abbau von mehr als 20000 Stellen im Freistaat. „Wir können diesem Niedergang nicht länger tatenlos zusehen“, warnt Hatz.

Vieles von dem, was die vbw da vorlegt, ist natürlich bekannt. Das Klagelied über die Bürokratie zum Beispiel oder die hohen Energiekosten, die gerade die bayerische Wirtschaft hart treffen. Zu teuer, zu kompliziert, zu alt und zu leistungsfeindlich sei der deutsche Standort. Das Aussetzen des nationalen Lieferkettengesetzes, niedrigere Steuern für Unternehmen (maximal 25 Prozent) und eine flexiblere tägliche Höchstarbeitszeit sind deshalb erwartbare Forderungen.

Neu sind aber die um umfassenden Pläne für ein Zurückführen der Sozialleistungen: Die Rente mit 63 müsse sofort abgeschafft werden. „Eigentlich sind wir von allen Parteien enttäuscht, dass dieses Thema nicht angegangen wird“, sagt Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Außerdem fordert die vbw nun offensiv eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 68 Jahre. Es brauche Mut, so etwas zu formulieren, sagt Hatz. Aber die Faktenlage sei eindeutig. Damit nicht genug: Auch bei der gesetzlichen Krankenversicherung brauche es „weitere Selbstbeteiligungen und mehr Eigenverantwortung der Versicherten“. Bei der Pflege dürfe es keine Vollkaskoversicherung geben. „Stattdessen muss schnellstens eine kapitalgedeckte private Zusatzvorsorge verpflichtend eingeführt werden.“

Eine Wahlempfehlung für eine Partei gibt der Wirtschaftsverband natürlich nicht. Auffällig ist aber, dass viele Forderungen fast deckungsgleich in den Programmen von FDP und Union stehen. Wobei: Von der CSU-Idee, die Mütterrente weiter auszubauen, hält man gar nichts. Soziale Wohltaten auf Pump müssten absolut ausgeschlossen sein.

Generell gelte: Deutschland sei im Jahr 2025 einfach zu leistungsfeindlich geworden. Man habe „zu viel Politik für jene gemacht, die vom Sozialstaat leben“, sagt Präsident Hatz. „Wir müssen künftig wieder mehr Politik für jene machen, die den Sozialstaat finanzieren.“ Wer arbeite, müssen mehr haben, als andere. Fleiß und Leistungsbereitschaft sollten sich lohnen. Hatz: „Wir müssen uns aus dieser Krise buchstäblich herausarbeiten, das gilt für die Politik genauso wie für die Unternehmen und die Beschäftigten.“
MIKE SCHIER

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