Häuser wie am Fließband

von Redaktion

Der 3D-Drucker fertigt Hohlkörper aus Beton.

Die Ziegelhäuser von WMM werden vorgebaut, samt Fernseher, Bett, Kühlschrank. Ein Modul ist in nur fünf Tagen fertig.

Die Betondecke von Eigner kommt aus dem 3D-Drucker und ist wegen der Aussparungen leicht und klimafreundlich.

Ein Modul von Alho aus grünem Stahl und Beton wird auf der Baustelle mit einem Kran an die richtige Stelle gesetzt. Der Bau geht schnell: 70 Prozent des Gebäudes werden in einer Werkshalle vorgefertigt. © Fotos: Alho, Eigner, WMM

München – Auch wenn die deutsche Nationalmannschaft der Handwerker im Eingangsbereich des Messegeländes in München noch fleißig mauert, sägt und Fliesen legt: In Zukunft könnte man Maurer oder Zimmermänner in deutschen Städten seltener sehen. Nicht, weil ihre Jobs überflüssig werden. Doch das Bauen selbst könnte weniger öffentlich stattfinden. Immer öfter werden Fassaden, Decken und Wände oder sogar ganze Räume in Fabriken vorgefertigt und auf der Baustelle nur noch zusammengesetzt. Dieses modulare Bauen ist einer der großen Trends auf der BAU, der globalen Leitmesse der Branche. Denn es spart Zeit und Geld und kann gerade in Großstädten für weniger Staus und Lärm durch Baustellen sorgen.

Vom Bauwagen zum Krankenhaus

Wie Modulbauweise funktioniert, kann man etwa am Stand von Alho Systembau aus Nordrhein-Westfalen sehen, den ein großes Plakat des Max-Planck-Gymnasiums in Dortmund ziert. Das 1967 gegründete Familienunternehmen war früher auf Bauwagen und Container spezialisiert. Heute hat es bereits mehr als ein Dutzend Krankenhäuser errichtet oder wie das Klinikum Großhadern erweitert. Es baut Schulen, Labore, Kitas und Wohngebäude oder stattet sie bei Nachverdichtungen oder Sanierungen mit Übergangsgebäuden aus.

Zentral ist dabei ein skelettartiges Modul aus grünem Stahl und Holz, das aussieht wie der Waggon eines Güterzuges und das Alho in verschiedenen Größen anbietet. Man kann die Raum-Module mehrere Stockwerke hoch übereinander stapeln, nebeneinander anbauen oder wie ein großes L oder U gruppieren, um große Gebäude zu errichten. Das geht zügig: Alho verspricht selbst bei Großprojekten wie Schulen oder Kliniken nach einem Jahr ein schlüsselfertiges Gebäude. „Das ist etwa doppelt so schnell wie bei normalen Bauvorhaben“, sagt Michael Ungerland von Alho. Das liegt auch daran, dass bis zu 70 Prozent eines Gebäudes vorgefertigt auf die Baustelle kommen. Außerdem kann man die Module weitgehend recyceln, und sie haben einen deutlich geringeren CO2-Fußabdruck.

Beton aus dem 3D-Drucker

Um Emissionen und Geschwindigkeit geht es auch bei der Betonmanufaktur Eigner eine Halle weiter. Am Stand der Firma aus Nördlingen stehen Designobjekte aus Beton: Eine mannshohe Vase und eine Halterung für eine Wallbox, darüber hängt eine Betondecke, die mit ihren Aussparungen aussieht wie eine Kassettendecke. Das alles kommt aus einem 3D-Drucker, der pro Sekunde 30 Zentimeter Beton aufspritzt. Der Vorteil: Anders als beim Gussverfahren kann man ohne großen Aufwand sehr dünne und leichte Hohlkörper fertigen und sie fertig auf die Baustelle bringen.

Das macht nicht nur alle denkbaren Formen möglich, sondern spart Zeit, Arbeitskraft und sehr viel Material. „Der Beton wird nur noch dort eingesetzt, wo es die Tragestruktur und die Lastverteilung verlangt“, erklärt Wolfram Uhl, Geschäftsführer der 1912 gegründeten Firma. „So sparen wir bei Leichtbau-Decken etwa 40 Prozent CO2 ein.“ Das Fertigungsverfahren der Bayern ist preisgekrönt: Eigner hat 2023 den Architekturpreis Beton gewonnen und 2024 den Bayerischen Ideenwettbewerb.

Gebäude aus der Hausfabrik

Dass man nicht nur mit Stahl, Holz oder Beton innovativ bauen kann, sondern auch mit Ziegeln, zeigt WMM Modulbau aus Mindelheim. Das bayerische Firmenkonglomerat, an dessen Stand gemauerte Baumodule samt Bad, Küche, Schlafzimmer stehen, ist aus einer Möbelmanufaktur entstanden – und hat heute über 1000 Mitarbeiter, darunter Maurer, Schreiner, Elektriker und Installateure. Viele von ihnen arbeiten in einer Fabrik in Illertissen, in der WMM Wohneinheiten für Pflegeeinrichtungen, Studentenwohnheime und Wohnanlagen produziert und bezugsfertig samt Kühlschrank, Bett und Fernseher ausliefert. Der Bau eines Moduls dauert fünf Tage, auf der Baustelle werden 150 Quadratmeter pro Tag zusammengesetzt und angeschlossen.

So verspricht WMM, die Projektdauer für Wohnanlagen von zwei bis drei Jahren auf vier bis acht Monate zu senken. Auch die Kosten sollen spürbar niedriger sein. Das kommt an. Seit 2020 hat WMM schon 2200 Module ausgeliefert. Und während die Baubranche mitten in einer tiefen Krise steckt, sucht WMM händeringend neue Mitarbeiter und baut bald eine zweite Hausfabrik auf.

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