Alle wollen es warm haben – und das soll bezahlbar sein. In der Wahlkampfphase sind Verbraucher die Verlierer. Denn es gibt nur Versprechen, dass Energie teurer wird – nicht aber für den sozialen Ausgleich. © Jochen Tack/Imago
München – Das viel kritisierte Heizungsgesetz könnte mit der neuen Bundesregierung fallen. So verspricht es zumindest die CDU. Auf eine – wie früher – günstige Öl- oder Gasheizung können Eigentümer trotzdem nicht hoffen. Sie stecken in einer Zwickmühle zwischen steigenden Kosten, wackelnden Förderungen und fragwürdigen Versprechen. Teil zwei unseres Hintergrunds.
Was spricht gegen Öl- und Gasheizungen?
Ein wesentlicher Punkt des aktuellen Heizungsgesetzes besagt, dass neue Heizungen zu 65 Prozent mit grüner Energie betrieben werden müssen. Das schließt auch Holz und andere grüne Brennstoffe ein und wird von üppigen Förderungen flankiert. Besonders die Union verspricht die Abschaffung dieser Verordnung. Damit dürfte vor allem gemeint sein, den Einbau neuer Öl- und Gasheizungen weiter zu erlauben, auch wenn sie mit fossiler Energie laufen. Gleichzeitig stellt sie die üppigen Förderungen in Frage. Für Verbraucher entstünde ein Dilemma: Durch den europäischen CO2-Preis soll fossile Energie – zumindest in der Theorie – bis zum Klimaneutralitätsziel 2050 unrentabel bis unbezahlbar werden. Das kann eine Bundesregierung nicht direkt beeinflussen. Zudem will auch die Union auf die Lenkwirkung des CO2-Preises setzen. Steigen die Kosten so, wie es für das EU-Klimaziel nötig ist, müssten Verbraucher also mit und ohne Ampel-Heizungsgesetz mittelfristig auf eine klimaneutrale Lösung umstellen. Sollten die aktuellen Förderungen aber gekürzt werden, kommt sie dieser Umbau teurer.
Kann man die Heizung einfach mit grünem Öl oder Gas betreiben?
Vor allem Jens Spahn (CDU) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler), die lautesten Kritiker des Heizungsgesetzes, haben sich wiederholt dafür stark gemacht, grünen Wasserstoff oder grünes Heizöl zu nutzen. Der durchaus charmante Gedanke: Die alte Heizung einfach weiternutzen und sich den Umbau für die Wärmepumpe sparen. Das wäre mit dem heutigen Heizungsgesetz legal, die Wasserstoffheizung würde sogar gefördert. Aber: Das Heilsversprechen der günstigen Verbrenner-Heizung ist unseriös. Das liegt an den Gesetzen der Physik. Stark vereinfacht gilt: Strom ist die wertvollste, weil vielfältigste, Energieform. So kann eine Wärmepumpe aus einer Kilowattstunde Strom im Schnitt drei Kilowattstunden Wärme gewinnen. Aus einer Kilowattstunde Gas wird bestenfalls eine Kilowattstunde Wärme.
Aber: Grüner Wasserstoff und synthetisches Öl werden unter Aufwendung von Strom hergestellt. Und das derzeit unter hohen Umwandlungsverlusten. Synthetischer Wasserstoff – oder Öl – muss deshalb zwingend teurer sein, als der für die Erzeugung genutzte Strom – ohne die Fähigkeit, mehr Wärme zu heben als drinsteckt. Man bräuchte also eine vielfache Menge an Strom, um die gleiche Menge Wärme zu erzeugen. Aus physikalischer Sicht wäre es deshalb sogar günstiger, Warmwasser mit einem Tauchsieder zu erhitzen als mit grünem Gas. Das zeigt sich an den Preisen.
Wie teuer ist grünes Gas?
Die Erzeugungskosten für Strom lagen 2024 bei 8 Cent die Kilowattstunde. Die Wissenschaftler der Forschungsstelle für Energiewirtschafterwarten „ganz langfristig“Wasserstoffkosten von 10 Cent die Kilowattstunde, dafür dürfte er teuer sein. Die Prognose leitet sich vor allem aus den Strompreisen her. Zum Vergleich: Erdgas kostet derzeit vier Cent im Großhandel, vor dem Ukraine-Krieg waren es nur 2 Cent. Weil die Technologie bislang kaum großtechnisch angewendet wird, ist noch etwas unklar, wie teuer Importe und – aus Erdgas gewonnener – blauer Wasserstoff werden. Natürlich ist es möglich, dass Innovationen die Kosten senken. Bis sie kommen – falls sie kommen – wären Verbraucher aber mit steigenden CO2-Preisen konfrontiert. Wie der Einsatz grüner Gase ökonomisch trotzdem Sinn machen kann, zeigt das Beispiel Biogas. Das ist auch teuer, weshalb es in Bayern zu über 90 Prozent in Blockheizkraftwerken verstromt wird. Nur die – weit günstigere – Abwärme wird in Wärmenetze eingespeist. Eine solche Nutzung ist auch für Wasserstoff denkbar, weil der erzeugte Strom in Knappheitsphasen teuer vermarktet werden kann. Denn wenn es kalt ist, steigt auch der Strombedarf der Wärmepumpen. Reine Wasserstoffnutzer müssten zudem mit deutlich höheren Netzentgelten rechnen: Wegen der hohen Kosten würden wahrscheinlich nur wenige Verbraucher den Brennstoff nutzen. Die müssten sich aber die Netzkosten teilen, die heute auf vielen Schultern lasten. Gleiches gilt für das Erdgasnetz, das immer weniger Nutzer tragen müssen. Besonders beim grünen Heizöl stellt sich zudem die Frage, wie viel überhaupt verfügbar ist. Ein Blick über den Tellerrand verheißt wenig Gutes: Die europäische Luftfahrt muss 2030 sechs Prozent klimafreundliche Kraftstoffe nutzen – und bereits heute klagen die Airlines, dass die entsprechenden Mengen nicht am Markt erhältlich sind. Weder aus Pflanzenöl noch aus grünem Wasserstoff. Kurzum: Eine Umstellung auf grüne Brennstoffe ist technisch möglich und heute schon erlaubt. Einfach und günstig ist es aber sicher nicht.
Was tun?
Unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl dürfte der Betrieb fossiler Heizungen teurer werden. Die Herausforderung für Eigentümer ist abzuschätzen, wie sehr und wann sich der Umstieg lohnt. Gleichzeitig ist unklar, wie viel Förderung es unter einer neuen Bundesregierung – mit ebenfalls knappem Haushalt – geben wird. Ohne den üppigen sozialen Ausgleich könnten Wärmepumpen in der Anschaffung zu teuer sein, warnt der Verein Deutscher Ingenieure: „Die Förderung der Transmission des Wärmebereiches (und der Wärmepumpe) ist gerade unter dem Sozialaspekt wichtig“, so ein Statement von VDI-Chef Jochen Theloke. Er kritisiert Jens Spahn und fordert, dass dieser sich mehr auf Zahlen und Fakten stützen sollte. Eigentümer sollten sich deshalb bei einem guten Installateur oder Energieberater ein individuelles Konzept erstellen lassen und gegebenenfalls noch die günstigeren Förderbedingungen mitnehmen. Denn diese ist „die attraktivste, die es je gab“, wie der Chef der Viessmann-Heizungssparte es gegenüber dem „Handelsblatt“ formulierte. Wichtig: Bis 2028 müssen die Kommunen Wärmepläne aufstellen. Dann wissen Eigentümer, welche Netze sie künftig überhaupt nutzen können – und ob Fernwärme verfügbar wird. Sollten sich die Förderbedingungen in dieser Wartezeit verschlechtern, wäre das ein Bärendienst für die zu Recht verunsicherten Eigentümer.