Verhaftung in Innsbruck: Benkos tiefer Fall

von Redaktion

Benko gezeichnet vor dem Untersuchungsausschuss in Österreich im Jahr 2024. © dpa

Das Immobilien-Projekt Franz in der Sonnenstraße in München, wegen dem nun ermittelt wird. © Marcus Götzfried

Der junge Benko: Mit seiner Frau Natalie 2009 bei einem Dinner in der Albertina in Wien. © Babiradpicture

Benkos Villa in Innsbruck-Igls: Hier wohnte der Tiroler Immobilienhai trotz Insolvenz. Am Donnerstag um 8:30 in der Früh wurde er dort verhaftet und in Handschellen gelegt. © dpa

München/Inssbruck – „A bissl was geht immer!“ Das war nicht nur das Motto von Monaco Franze, auch der Tiroler Immobilienunternehmer René Benko dürfte diesem Leitmotiv gefolgt sein. Er und ein Komplize sollen einen Staatsfonds veranlasst haben, über Anleihen in das Immobilien-Projekt „Franz“ in der Münchner Sonnenstraße zu investieren, das nach dem ewigen Stenz aus der Münchner Kultserie benannt ist. Der Fonds tat das, das Geld floss aber gar nicht komplett in das Projekt, ein Großteil soll „zweckwidrig verwendet“ worden sein, informierte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien gestern.

Der Münchner Investmentbetrug ist nur einer der Vorwürfe, wegen denen Benko am Donnerstag in seiner Villa bei Innsbruck verhaftet wurde. Er soll nach der Pleite seiner Signa-Holding und seiner persönlichen Insolvenz seine Vermögenswerte verschleiert und so dem Zugriff der Insolvenzverwalter, Gläubiger und Behörden entzogen haben. Dabei geht es um eine nach seiner Tochter Laura benannte Stiftung, deren „faktischer Machthaber und wirtschaftlicher Berechtigter“ er selbst sei, so die Staatsanwaltschaft Wien, sowie um seine an eine weitere Stiftung verkaufte Villa am Gardasee. Um teure Uhren, Waffen und andere Vermögensgegenstände für sich zu retten, soll er unter anderem Rechnungen gefälscht haben. Durch ein Geldkarussell bei einer Kapitalerhöhung soll er Gesellschafter betrogen haben.

Für diese Erkenntnisse haben die Ermittler viele Monate recherchiert, Telefone überwacht, Mails ausgewertet und unzählige Personen vernommen. Dass sie Benko nun festsetzten, liege am „dringenden Tatverdacht“, der Gefahr weiterer Straftaten und Verdunklungsgefahr. Heute dürfte sich entscheiden, ob Benko in Untersuchungshaft muss. Es ist der vorläufige Tiefpunkt für den 47-Jährigen, der einst eine steile Karriere hingelegt hatte und ein Leben zwischen Privatjet, Villa, Yacht, Partys und Konferenzräumen lebte und Zugang zu den höchsten Kreisen der Macht in Österreich und Deutschland hatte.

Mit 17 hatte Benko die Schule abgebrochen, war aber durch Spekulationen mit Immobilien schnell an viele Millionen gekommen, mit denen er auf Einkaufstour ging. Er investierte in Ketten wie Kika/Leiner in Österreich, die Münchner Traditionskette Sport Scheck, erwarb Prestigeimmobilien wie das Chrysler Building in New York und kaufte sich über die Warenhäuser von Galeria Karstadt Kaufhof oder das Kadewe in Berlin in Dutzende deutsche Innenstädte ein. Mit den steigenden Zinsen kippte das Geschäftsmodell, im Herbst 2023 schlitterte Signa in die Pleite, im März 2024 meldete Benko Privatinsolvenz an. Heute stehen viele der Häuser leer, auch ambitionierte Projekte wie das Elbtower in Hamburg oder die Alte Akademie in München sind unvollendet. Mit seinem Firmengeflecht hat Benko rund 30 Milliarden Euro an Schulden angehäuft, Gläubiger fordern 2,4 Milliarden von ihm persönlich.

So groß das Rad war, das Benko zuletzt drehte, so umfangreich sind nun auch die Ermittlungen gegen ihn, die sich inzwischen über mehrere Länder erstrecken. Im Dezember wurde deshalb auch ein Haftbefehl in Italien gegen ihn erlassen. Die Ermittlungen standen in Zusammenhang mit Immobilienspekulation in Norditalien, dabei gerieten unter anderem ein Unternehmer, ein Steuerberater, ein Journalist, die Bürgermeisterin aus Riva del Garda, ein Senator, eine Beamtin der Stadtverwaltung Bozen und der Bürgermeister von Arco ins Visier der Justiz. Benko habe sich im Zentrum einer mafiaähnlichen Struktur befunden, so die Behörden. Der Haftbefehl wurde nicht vollzogen, weil die Taten auch in Österreich strafbar sind. Die Verhaftung in Österreich am Donnerstag habe aber nichts mit den Anklagen in Italien zu tun, berichtet der „Standard“.

Auch Deutschland prüft, ob alle Immobiliengeschäfte des Österreichers legal waren. Die Staatsanwaltschaft München geht etwa dem Verdacht der Geldwäsche nach. Bisher haben Benkos Anwälte alle Vorwürfe abgestritten. Nun wurde ein gemeinsames Investigationsteam der Staatsanwaltschaften in Wien, München und Berlin gegründet. „Dadurch ist es möglich, im Verfahrenskomplex unbürokratischer und effizienter grenzüberschreitend zu ermitteln“, teilte die Justiz in Wien mit.

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