Die Umbaupläne bei der Bahn könnten Arbeitsplätze gefährden, fürchtet die Gewerkschaft EVG, die dagegen in Berlin demonstrierte. © Hannes P Albert
Berlin – Der Deutschen Bahn droht nach der Bundestagswahl die Zerschlagung. Die Union plant, den bundeseigenen Konzern unter einem möglichen Kanzler Friedrich Merz komplett umzukrempeln und den Betrieb und die Infrastruktur voneinander zu trennen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) geht genau dagegen in Berlin auf die Straße. Sie warnt von einem „fundamentalen Angriff auf unsere Arbeitsplätze“.
„Da zünden fachfremde Opportunisten Nebelkerzen, um auf Kosten der Beschäftigten die Interessen der neoliberalen Wettbewerbslobby durchzusetzen“, sagt EVG-Chef Martin Burkert über die Unionsparteien. Der Demonstrationszug soll vom Kanzleramt vorbei am Hauptbahnhof bis zum Bahntower am Potsdamer Platz führen.
Die Union hat schon länger klare Vorstellungen davon, wie der Konzern mittelfristig aufgestellt sein sollte – und will einen harten Bruch mit der Ampel-Politik. „Klar ist für uns, dass die Bahn vom Kopf auf die Füße gestellt werden muss, wenn sich Verbesserungen ergeben sollen“, teilt der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion für Verkehr, Ulrich Lange (CSU), mit.
Die Bahn und „ihre unzähligen Beteiligungen und Tochtergesellschaften“ sollten aufgelöst werden, Infrastruktur- und Transportbereich sollten voneinander getrennt und das Schienennetz solle analog zur Autobahn in eine bundeseigene, weisungsgebundene GmbH überführt werden. „Der Bund bekommt dadurch einen stärkeren Zugriff auf den Aus-, Neu- und Umbau der Schieneninfrastruktur“, argumentierte Lange. Die Vorgaben des Bundes müssten umgesetzt werden.
„Die Tatsache, dass die DB sich mit dem Zugverkehr nur noch auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und sich gegenüber anderen Anbietern behaupten muss, wird insgesamt die Performance auf der Schiene verbessern“, betont Lange.
Nach Ansicht von Verkehrsminister Volker Wissing (parteilos) würde eine Aufspaltung des Bahn-Konzerns die Probleme des Unternehmens nicht lösen. „Die Forderung nach der Zerschlagung der Bahn ist ein weiteres Beispiel dafür, wie den Menschen derzeit vermeintlich einfache Lösungen für komplexe Probleme versprochen werden“, sagte Wissing. „Statt auf das Organigramm, sollten sich daher alle darauf konzentrieren, das Sanierungsprogramm weiter konsequent durchzuziehen. Denn der Kern des Problems liegt in der über die letzten Jahrzehnte kaputtgesparten Infrastruktur“, sagte Wissing.
Fakt ist: Es vergeht kein Tag, an dem die Fahrgäste der Deutschen Bahn den schlechten Zustand des Unternehmens nicht selbst erfahren. Die Fernverkehrszüge waren 2024 so unpünktlich wie seit mehr als 20 Jahren nicht. Mehr als jeder dritte ICE oder IC kam zu spät an.
„Wir stehen vor den Scherben von 20 Jahren Eisenbahnpolitik“, sagte Bahnexperte Christian Böttger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin. „Die Eisenbahn ist in dieser Struktur nicht mehr zukunftsfähig.“ Irgendwas muss sich also ändern. Nur was? Darüber gehen die Meinungen weit auseinander.
Bereits unter der alten Bundesregierung gab es eine kleine Reform. Die Netzsparte wurde umbenannt und soll sich nun stärker am Gemeinwohl ausrichten. Sie verbleibt aber als DB InfraGo unter dem Dach des Gesamtkonzerns. Mit einer umfassenden Generalsanierung dutzender vielbefahrener Strecken will die neue Gesellschaft die Pünktlichkeit in den nächsten Jahren allmählich in den Griff bekommen. Vielen Fachleuten geht das nicht weit genug.