Die USA importierten 2023 Waren im Wert von 447 Milliarden Dollar aus China. Die Europa-Importe der Amerikaner lagen bei 764 Milliarden, jene aus Mexiko bei 529 und die aus Kanada bei 481 Milliarden. © Lian Zhen, dpa
Washington – Auch wenn der Handelskonflikt mit Mexiko und Kanada erst einmal auf Eis liegt: Amerikas Zollkrieg mit China wird immer heißer. Die USA kassieren nun zehn Prozent höhere Zölle auf Waren aus China, die Regierung in Peking reagiert ebenfalls mit Zöllen. Sie will zehn bis 15 Prozent auf US-Produkte wie Kohle, Öl und Gas sowie Fahrzeuge mit großem Hubraum erheben, etwa Landmaschinen und Pickups. Und sie schränkt den Handel mit kritischen Rohstoffen wie Indium oder Wolfram ein, die für Technologieprodukte wichtig sind. Außerdem will China Beschwerde bei der Welthandels-Organisation einlegen und prüft Kartellmaßnahmen gegen Google. Die chinesischen Regeln sollen ab 10. Februar gelten, sofern Gespräche keine Einigung bringen.
Die Ankündigungen sind der nächste Schritt in einen globalen Handelskrieg. Dennoch dürften die Folgen für China bisher überschaubar bleiben. Die etwa 20 Milliarden Dollar schweren Energieimporte aus den USA machen nur einen kleinen Teil der chinesischen Energieversorgung aus, so dass sich Peking mit den eigenen Zöllen kaum schadet. Auch die von US-Präsident Donald Trump per Dekret verordneten Zölle dürften die asiatische Wirtschaftsmacht kaum treffen, schätzt Lisandra Flach vom Münchner ifo-Institut – obwohl die USA mit 447 Millarden Dollar und etwa 15 Prozent Anteil Chinas größter Handelspartner sind. Denn China könne seine Waren auch gut in andere Länder verkaufen, glaubt Flach. Sie geht deshalb davon aus, dass Chinas Ausfuhren durch die US-Zölle nur um 3,8 Prozent und die Industrieproduktion um ein Prozent einbrechen werde.
USA als Verlierer, Europa Gewinner?
Der Schaden für die USA könne dagegen weit schwerer wiegen, meint die Forscherin. Vor allem, wenn Trump nicht nur China mit Zöllen überzieht, sondern auch seine bis März aufgeschobenen Pläne umsetzt, Mexiko und Kanada mit 25 Prozent höheren Einfuhrzöllen zu belegen. Dann würden die US-Exporte um satte 22 Prozent einbrechen, jene von Kanada um 28 Prozent und die mexikanischen sogar um 35 Prozent, rechnet Flach vor. Auch die Industrieproduktion wäre in allen drei Ländern zweistellig im Minus. Pia Hüttl vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) erwartet zudem, dass sich Waren in den USA verteuern, die Inflation dort steigt und es zu Lieferengpässen kommt. Immerhin stammen viele Rohstoffe und Vorprodukte für die US-Industrie aus einem der drei Länder.
Und Deutschland und Europa? Könnten der heimliche Nutznießer sein, so zumindest die Hoffnung. Denn die ifo-Simulation sieht die deutschen Exporte durch die US-Zölle sogar um 0,5 Prozent wachsen. Deutschland könnte in Amerika in die Lücke stoßen, die ausbleibende Produkte aus China, Mexiko und Kanada hinterlassen würde, so die Hoffnung. Doch selbst ifo-Forscherin Flach hält dieses Szenario für wenig wahrscheinlich, weil Trump drohe, auch Deutschland und Europa mit Zöllen zu belegen.
Wie hoch mögliche Zölle auf deutsche und europäische Produkte ausfallen könnten, ist bisher unklar. Experten erwarten aber zehn bis 20 Prozent. Sie dürften „neben der Automobilindustrie insbesondere die deutschen Pharmaunternehmen und Maschinenbauer empfindlich treffen“, sagt Pia Hüttl vom DIW. 2023 hatte Deutschland Güter im Wert von 157,9 Milliarden Euro in die USA exportiert, knapp zehn Prozent der deutschen Exporte. Ein Großteil waren Autos, Maschinen und Chemieprodukte. Allein die Autoindustrie hat zuletzt rund 400 00 Fahrzeuge aus Deutschland nach Amerika verkauft.
Europa muss wohl gut verhandeln
Bisher hatte man in der EU gehofft, dass Europa-Zölle frühestens im März auf den Tisch kommen. Doch Trump meinte zuletzt, das sei „ziemlich bald“ der Fall. Deshalb sollte die Politik in Europa sich schon jetzt auf einen gemeinsamen Kurs einigen und in Verhandlungen gehen, rät die Ökonomin Hüttl. Auch Mexiko hat der Deal geholfen, Soldaten an die Grenze zu entsenden, um den Drogenhandel zu stören. Mit Europa wolle Trump vor allem das Handelsdefizit abbauen. „Als Verhandlungsmasse könnte die EU anbieten, die Energieimporte aus den USA auszuweiten“, sagt Hüttl. „Es sind aber auch nicht-handelspolitische Maßnahmen denkbar, zum Beispiel die Erhöhung der Militärausgaben und der Rüstungsimporte aus den USA.“
Ähnliche Gedanken brachten auch schon hochrangige Politiker aus Europa ins Spiel, unter anderem EU-Präsidentin Ursula von der Leyen. „Wir müssen uns womöglich auf harte Verhandlungen einlassen, selbst mit langjährigen Partnern“, sagte sie am Dienstag bei einer Rede vor EU-Botschaftern in Brüssel.