Mailand – Unicredit-Chef Andrea Orcel setzt im Übernahmeringen um die Commerzbank auf eine neue Bundesregierung. Zugleich trat er Ängsten vor einem drohenden Kahlschlag bei der Commerzbank entgegen. „Eine Übernahme der Commerzbank würde fast zwei Jahre dauern. Im günstigsten Szenario sind es noch mindestens drei, vier Quartale, bis wir ein Angebot vorlegen können“, sagte der Chef der italienischen Großbank Unicredit. Vor dem vierten Quartal dieses oder dem ersten Quartal des nächsten Jahres werde man kein Angebot vorlegen können. „Was bedeutet das? Es gibt uns die Zeit, Gespräche mit der neuen Regierung zu führen und uns darauf vorzubereiten.“ Orcel hatte zuvor klargemacht, dass eine Übernahme ohne die Unterstützung der Bundesregierung schwer werde.
Zugleich wehrt sich Orcel gegen Prognosen des Betriebsrats, dass die Unicredit bei einer Übernahme tausende Commerzbank-Jobs streichen würde. „Glauben Sie, dass sich irgendjemand darüber freut, wenn Sie ins Büro kommen und sagen, dass eine bestimmte Anzahl von Stellen abgebaut werden muss? Ich kann Ihnen garantieren, dass mir das schlaflose Nächte bereiten würde.“
„Dies wäre eine Transaktion von zwei Banken, die sich sehr gut ergänzen“, sagte Orcel. „Schauen Sie sich die Situation in Italien an. Wir haben keine Filialen geschlossen, sondern investiert. Anstatt Mitarbeiter abzubauen, haben wir sie umgeschult, weitergebildet und neue eingestellt.“
Eine Übernahme der Commerzbank könnte sich die Unicredit leisten: 2024 steigerte die Mutter der Münchner Hypovereinsbank (HVB) den Gewinn unerwartet stark um rund 8 Prozent auf 9,3 Milliarden Euro. Die Italiener werden an der Börse mit rund 73 Milliarden Euro bewertet, die Commerzbank kommt auf circa 22 Milliarden Euro. Orcel betonte abermals, dass ein Zusammenschluss im zersplitterten europäischen Bankenmarkt nötig sei.