Der Bahn-Verkehr kann weiter rollen. Die Tarifrunde zwischen Konzern und der Gewerkschaft EVG wurde erfolgreich – und erstmals ohne Warnstreiks – abgeschlossen. © Pia Bayer, dpa
Berlin/München – Warnstreiks bei der Deutschen Bahn sind für längere Zeit vom Tisch. Der neue Tarifvertrag zwischen der Deutschen Bahn und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) steht. Für rund 192 000 Beschäftigte bedeutet das mehr Geld. Doch sowohl Gewerkschaft als auch Unternehmen blicken bang auf die Bundestagswahl.
■ Die Eckpunkte
Die DB-Beschäftigten sollen in mehreren Schritten insgesamt gut 6,5 Prozent mehr Geld bekommen.
■ Die Reaktionen
Beide Seiten zeigten sich nach dem Abschluss zufrieden. „Wir haben ein vernünftiges Gesamtpaket geschnürt“, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler. EVG-Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay teilte mit, man sei „ganz nah an unserer Forderung“. Zu den Forderungen gehörten das Zusatzgeld für Schichtarbeiter, die Beschäftigungssicherung bis Ende 2027, der Bonus für EVG-Mitglieder und strukturelle Tarifanpassungen zwischen einzelnen Berufsgruppen.
Zudem gilt der Abschluss auch für die Beschäftigten der schwer angeschlagenen Güterverkehrstochter DB Cargo. Abweichungen sind nach Bahn-Angaben nur möglich, wenn sie „im Rahmen des Restrukturierungsplans nötig sind“.
Als deutlichen Dämpfer für die EVG kann man die lange Vertragslaufzeit bis Ende 2027 sehen. Auf unvorhersehbare Entwicklungen wie in den vergangenen Jahren – Pandemie, Ukraine-Krieg, Inflation – kann möglicherweise erst mit deutlichem Verzug reagiert werden. Auch für Nachwuchskräfte ist das Ergebnis aus EVG-Sicht nicht zufriedenstellend. „Den jungen Kolleginnen und Kollegen ist in dieser Runde wenig Wertschätzung entgegengebracht worden“, sagte Ingenschay. Die ursprüngliche Forderung der Gewerkschaft für die Tarifrunde lag bei 7,6 Prozent mehr Einkommen sowie zusätzlich 2,6 Prozent für Schichtarbeiter – allerdings ohne eine Laufzeit zu nennen, was unüblich ist. Wenn sich eine prozentuale Erhöhung auf einen längeren Zeitraum als zum Beispiel ein Jahr bezieht, ist sie bei gleichzeitig steigenden Verbraucherpreisen deutlich weniger wert.
■ Das Umfeld
Die Bahn ist in einer wirtschaftlich und betrieblich desolaten Lage – und setzt auf ein Sanierungsprogramm bis 2027. Die finanziellen Spielräume sind deshalb begrenzt, das hatte Personalvorstand Martin Seiler am Rande der Verhandlungen immer wieder deutlich gemacht.
Um während der Sanierung auch tarifliche Sicherheit zu haben, wollte die Bahn eine möglichst lange Laufzeit. „Die sehr lange Laufzeit gibt uns die Planungssicherheit, die wir für die erfolgreiche Sanierung der Bahn dringend brauchen“, sagte Seiler. Ursprünglich war der Konzern mit 37 Monaten in die Verhandlungen gegangen. Letztlich sind es vier Monate weniger.
■ Die Wahl
Mit eine gewissen Unruhe dürfte die Bahn auf eine unionsgeführte Regierung nach der Bundestagswahl am kommenden Sonntag schauen. CDU-Verkehrspolitiker hatten zuletzt infrage gestellt, ob die Sanierung wichtiger Bahnstrecken wie geplant fortgesetzt werden sollte. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz will zudem Netz und Betrieb bei der Deutschen Bahn trennen – die EVG wehrt sich dagegen und sieht darin keine Lösung.