Russland steuert in die Krise

von Redaktion

Die Kriegswirtschaft (im Bild ein Besuch des damaligen russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu, 2.v.r) überdeckt zeitweise andere ökonomische Probleme. © dpa

Moskau – Seit drei Jahren führt Russland Krieg gegen die Ukraine. Der Westen hat versucht, mit Sanktionen gegen die russische Wirtschaft Kremlchef Wladimir Putin dafür zu bestrafen. Lange Zeit schien Moskau gegen die Restriktionen immun – dank gigantischer staatlicher Investitionen in den Rüstungssektor. Nun scheint sich das Modell des russischen Wirtschaftswunders seinem Ende zu nähern, auch wenn keine schnelle Beendigung des Krieges gelingt.

■ Wachstum

Rein statistisch gesehen lief das vergangene Jahr hervorragend. Regierungschef Michail Mischustin sprach bei einem Treffen mit Präsident Wladimir Putin Anfang Februar von 4,1 Prozent Wachstum beim Bruttoinlandsprodukt. Eine Reihe von Industriezweigen hat für dieses Wachstum gesorgt. In erster Linie ist das die Rüstungswirtschaft, die dank der Ausgaben im russischen Militäretat boomt. Daneben hat die Automobilbranche ihren Absatz im Vergleich zum Katastrophenjahr 2023 um 50 Prozent gesteigert, die Düngemittelindustrie um 30 Prozent. Dank zunehmender Marktabschottung hat aber auch etwa der Weinanbau in Russland ein Plus von 30 Prozent erzielt.

Alle Experten sind sich einig, dass sich das Wachstum nicht im selben Tempo fortsetzen wird. Die Regierung hofft auf eine weiche Landung mit einem Zuwachs von 2 bis 2,5 Prozent. Unabhängige Analysten warnen vor größeren Problemen. „Der Festtag geht zu Ende“, sagte die bekannte Wirtschaftswissenschaftlerin Natalja Subarewitsch. Die offiziell genannten Zahlen seien ohnehin zweifelhaft. Das Wachstum werde gering ausfallen, die Inflation hoch – und das über einen längeren Zeitraum.

■ Investitionen

Es gibt inzwischen eine klare Zweiteilung der Wirtschaft. Nach Berechnungen der Raiffeisenbank hat der Staat ein Fünftel des Wirtschaftswachstums durch direkte Investitionen gewährleistet. Die indirekten Folgen sind noch höher. Während der Rüstungssektor auch 2025 von Staatsaufträgen profitiert und mit kräftigen Gehaltssteigerungen Personal bindet, wurden andere Sektoren abgehängt. Ihnen bereiten Inflation und der Mangel an Arbeitskräften inzwischen gewaltige Schwierigkeiten.

■ Immobilien

Probleme bereitet vor allem der Immobiliensektor. Während in den Regionen die Nachfrage nach Wohnraum sogar leicht gestiegen ist – auch dank des hohen Solds, den viele russische Kämpfer an der Front erhalten – ist in und um Moskau die Nachfrage um ein Drittel eingebrochen. Dabei sind Hauptstadt und Umland die mit Abstand wichtigste Region für den Wohnungsbau. Die Nachfrage wurde lange Zeit mit staatlich subventionierten Hypotheken gestützt – da der Kreml das Geld nun anderswo ausgibt, fehlen die Mittel hier. Die Krise hat Folgen für andere Sektoren: die Baustoffbranche und den Stahlsektor zum Beispiel.

■ Sanktionen

Die Sanktionen haben vor allem die Rohstoffindustrie getroffen. Zuletzt wurde ein Teil der russischen Schattenflotte Russlands mit Sanktionen belegt, was den Export von Öl deutlich erschwert hat. Hart erwischt hat es auch den Exportmonopolisten beim Gas. Gazprom, lange Zeit wichtigster Geldquelle für den russischen Haushalt, hat 2024 ein Milliardendefizit erzielt – erstmals nach einem Vierteljahrhundert mit Gewinnen.

■ Inflation

Das massive Hineinpumpen staatlicher Gelder in die Wirtschaft hat zu einer Überhitzung geführt und die Inflation angetrieben. Im Jahresvergleich habe die Inflation Anfang Februar bei 9,9 Prozent gelegen, räumte Putin jüngst ein. Gefühlt sind die Preissteigerungen noch deutlich höher als die offizielle Statistik. Die Zentralbank versucht, die galoppierende Inflation wieder einzufangen. Sie hat den Leitzinssatz auf 21 Prozent gesetzt – das höchste Niveau seit mehr als 20 Jahren. Kredite sind praktisch unerschwinglich geworden. Damit sind Investitionen kaum noch möglich.

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