Zäher Sanierungsfall: Der Agrarriese Baywa (die Konzernzentrale in München) © Jens Hartmann
München – Die Sanierung der unter Milliardenschulden leidenden Baywa wird voraussichtlich ein Jahr länger dauern als geplant. Statt bis Ende 2027 soll die Gesundung des über 100 Jahre alten Münchner Mischkonzerns erst Ende 2028 abgeschlossen sein, wie das Unternehmen mitteilte. In diesem Frühjahr werden sowohl die Veröffentlichung der Jahresbilanz 2024 als auch die Hauptversammlung verschoben. Die positive Prognose für die Fortführung des Konzerns leidet darunter laut Chefetage nicht.
Die Ursache liegt bei der gemeinsam mit dem Schweizer Investor Energy Infrastructure Partners (EIP) betriebenen Ökostromtochter Baywa r.e., auf der laut allein laut Halbjahresbilanz 2024 Schulden in Höhe von über 4 Milliarden Euro lasten. EIP kündigte eine Kapitalerhöhung von 150 Millionen Euro an, um die Baywa r.e. wieder auf stabilere finanzielle Füße zu stellen. Die Schweizer sind vom „enormen Potenzial“ des Unternehmens überzeugt, wie EIP- Geschäftsführer Roland Dörig erklärte. Bei der BayWa r.e. läuft parallel zur Muttergesellschaft ein separater Sanierungsplan, der sich nun ebenfalls um ein Jahr verzögern wird.
■ Grundkapital halbiert
Der positive Effekt für die Baywa AG liegt darin, dass die Entschuldung Fortschritte macht: Die Baywa r.e. – und damit auch deren Verbindlichkeiten – werden künftig nicht mehr in der Bilanz der Muttergesellschaft verbucht. Auf der anderen Seite schrumpft aber auch das Eigenkapital der Baywa-Mutter so sehr, dass eine Hauptversammlung wegen Verlusts der Hälfte des Grundkapitals einberufen werden muss.
Das bringt wiederum den ursprünglichen Sanierungsfahrplan durcheinander. Da im Wesentlichen ein großer Gläubiger des Konzerns dem Sanierungsplan nicht zustimmen will, plant die Baywa die Einleitung eines Verfahrens nach dem Restrukturierungsgesetz. Das soll Krisenunternehmen helfen, sich ohne Insolvenzverfahren zu sanieren. Es gibt Unternehmen aber auch die Möglichkeit, den Widerstand einzelner Gläubiger auszuhebeln.
■ Aderlass beim Personal
In den ersten neun Monaten 2024 hatte Deutschlands größter Agrar-Konzern fast 641 Millionen Euro Nettoverlust geschrieben. Ursache der Krise ist eine missglückte Expansion auf Kredit im vergangenen Jahrzehnt. Diese soll nun rückabgewickelt und auf Pump gekaufte ausländische Beteiligungen wieder verkauft werden. Den Preis zahlt auch die Belegschaft: Von den 8000 Vollzeitstellen sollen 1300 gestrichen werden, das entspricht 16 Prozent der Vollzeit-Arbeitsplätze in Deutschland.
CARSTEN HOEFER