Wenn die Maschinen übernehmen

von Redaktion

Mit der Kettensäge will Musk (links) den Staat zurückdrängen – ähnlich wie Javier Milei in Argentinien. Kritiker sagen, dabei verfolge er Eigeninteressen. © Jose Luis Magana

Washington – Die Abteilung für staatliche Effizienz – kurz Doge – ist für viele Menschen in den USA zu einem inoffiziellen Ministerium der Angst geworden. Seit Donald Trump wieder US-Präsident ist, sind abertausende Regierungsmitarbeiter und Beamte von ihren Aufgaben entbunden worden, manche von ihnen en passant während der Mittagspause. Als sie zurück in ihre Büros kamen, waren E-Mail-Zugänge gesperrt und Diensthandys abgestellt.

Die Doge-Truppe, die von Trump-Buddy Elon Musk mit der Verve eines wahnwitzigen Dirigenten angeleitet wird, zeigt sich skrupellos. Jeder, der ihnen überflüssig erscheint, wird abgemeldet. Als Hauptgrund werden von Trump gerne milliardenschwere Einsparungen angeführt. Mit demselben Argument wurde auch die Entwicklungsbehörde USAID quasi per Handstreich pulverisiert – mit dramatischen Folgen für die Menschen in Krisengebieten in der ganzen Welt.

Blickt man allerdings auf die Ambitionen, die Elon Musk in der jüngeren Vergangenheit gehegt hat, ist es vielleicht nicht nur der Einspar-Aspekt, der diese heftigen Kahlschlagwellen in der US-amerikanischen Administration ausgelöst hat. Denn der Multimilliardär hat noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass Computer und Künstliche Intelligenz (KI) für seine Begriffe die besseren Arbeitskräfte sind. Sie gründen keine Betriebsräte oder Gewerkschaften, fordern keine sozialverträglichen Arbeitszeiten oder gerechte Gehälter, sondern sind 24/7 im Dienst, werden nicht krank und nach Meinung von Musk den Menschen auch bald schon intellektuell überlegen sein.

Musk träumt von Super-KI wie in China

Im Mai 2024 behauptete Musk bei einer Diskussion zum Thema KI: „Der Prozentsatz der Intelligenz, der biologisch ist, wird von Monat zu Monat kleiner. Letztlich wird der Anteil der biologischen Intelligenz weniger als ein Prozent betragen.“ KI sei „vielleicht die wichtigste Frage von allen“. Der Tesla-Chef denkt mal wieder ganz groß. Der Himmel ist für den Möchtegern-Marsianer schon lange nicht mehr die Grenze.

Wie es der Zufall will, wird im Musk-Universum schon länger an einer Super-App gewerkelt. Bereits vor zwei Jahren schwärmte der Multimilliardär von der chinesischen App WeChat. Musk behauptete: „In China lebt man grundsätzlich auf WeChat, weil es so hilfreich und nützlich für das tägliche Leben ist.“ Über WeChat wird nicht nur konsumiert und bezahlt, in der App werden auch Behördenvorgänge erledigt oder die Steuern beglichen. Dafür braucht es keine verstaubten Büros mit Beamten mehr. Man kann über WeChat auch gamen, chatten oder eine Peking-Ente nach Hause bestellen. Und der Staat hat den kompletten Zugriff auf die Daten. In China ist man sehr nach dran an George Orwells „1984“, an der totalen Überwachung.

Elon Musk hat gerade erst eine neue Version seiner Super-KI Grok 3 vorgestellt. Für ihn die derzeit „intelligenteste KI der Welt“, aber darunter macht es Musk selten. Groks Aufgabe sei es, „das Universum zu verstehen“. Denken sollen künftig die Maschinen. Dabei helfen soll Musks Supercomputer „Colussus“, der aktuell mit 200 000 Grafikprozessoren arbeitet. Diese Kapazität soll bis 2026 auf eine Million Prozessoren erweitert werden, die dann die KI weiter trainieren sollen. Was braucht man da noch teuer bezahlte Beamte, die für einen reibungslosen Betrieb des Staates sorgen?

„Digitalisierung first, Bedenken second“ – der scheidende FDP-Chef Christian Lindner war aus der Sicht von Musk im Jahr 2021 mit den Wahlplakaten seiner Partei recht visionär. Er forderte auch im zurückliegenden Wahlkampf, Deutschland möge ein „bisschen mehr Musk wagen“. Angesichts der Vorgänge in den USA sollte die Digitalisierung in Deutschland und Europa tatsächlich einen hohen Stellenwert einnehmen. Aber die Bedenken sollten eine ähnliche Priorität erhalten – vor allem gegenüber Technologien von jenseits des Atlantiks.

Artikel 2 von 3