In Kanada, das ebenfalls mit US-Zöllen belegt wird, werden US-amerikanische Produkte aus den Regalen entfernt. © Darren Calabrese, dpa
Brüssel – Die EU will mit Gegenzöllen auf US-Waren im Milliardenwert die neuen amerikanischen Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte kontern. Wie die zuständige Europäische Kommission mitteilte, sollen in einem ersten Schritt von April an Produkte wie Bourbon-Whiskey, Spielkonsolen, Motorräder, Boote und Erdnussbutter betroffen sein.
Weitere Gegenmaßnahmen sind dann nach Abstimmung mit den EU-Mitgliedstaaten für Mitte April geplant. Sie sollen Unternehmen treffen, die amerikanische Agrarprodukte wie Geflügel, Rindfleisch, bestimmte Meeresfrüchte, Nüsse, Eier, Milchprodukte, Zucker und Gemüse in die EU verkaufen. Zudem soll es auch EU-Extrazölle auf weitere Industrieprodukte wie Stahl- und Aluminiumprodukte, Textilien, Lederwaren, Haushaltsgeräte, Werkzeuge, Kunststoffe und Holzprodukte geben.
Nach Angaben der EU-Kommission treffen die neuen US-Zölle in Höhe von 25 Prozent Exporte der EU im Gesamtwert von 26 Milliarden Euro, was in etwa fünf Prozent der gesamten Warenexporte der EU in die USA entspricht. „Basierend auf den aktuellen Importströmen wird dies dazu führen, dass US-Importeure bis zu sechs Milliarden Euro an zusätzlichen Importzöllen zahlen müssen“, hieß es.
Die EU-Gegenmaßnahmen sollen dies nun ausgleichen. Nach Kommissionsangaben wären US-Warenexporte im Wert von 26 Milliarden Euro von den geplanten EU-Reaktionen betroffen. „Die Europäische Union muss handeln, um Verbraucher und Unternehmen zu schützen“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die Gegenmaßnahmen, die man ergreife, seien weitreichend, aber verhältnismäßig. Sie kritisierte die Zollentscheidung von US-Präsident Donald Trump scharf. „Diese Zölle stören die Lieferketten. Sie schaffen Unsicherheit für die Wirtschaft. Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Die Preise werden steigen – in Europa und in den Vereinigten Staaten“, sagte sie.
Der US-Handelsbeauftragte Jamieson Greer verurteilte die Entscheidung der EU. Die Strafmaßnahmen ließen die nationalen Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten – und auch die internationale Sicherheit – völlig außer Acht. Sie seien ein weiteres Indiz dafür, dass die Handels- und Wirtschaftspolitik der EU realitätsfern sei, teilte er mit. „Wenn die EU so schnell gehandelt hätte, um die weltweiten Überkapazitäten zu beseitigen, wie sie es tut, um die Vereinigten Staaten zu bestrafen, wären wir heute wahrscheinlich in einer anderen Situation.“
Zugleich betonte von der Leyen, dass sie weiter bereit sei, mit der US-Regierung an einer Verhandlungslösung zu arbeiten. „Wir sind fest davon überzeugt, dass es in einer Welt voller geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten nicht in unserem gemeinsamen Interesse ist, unsere Volkswirtschaften mit Zöllen zu belasten“, sagte sie. Sie habe Handelskommissar Maros Sefcovic damit beauftragt, seine Gespräche mit den Vereinigten Staaten wieder aufzunehmen, um bessere Lösungen zu erarbeiten.
Wirtschaftsvertreter mahnten Augenmaß bei den Reaktionen an. Gegenmaßnahmen müssten mit Bedacht und strategischem Weitblick gewählt werden, um den Schaden für unsere eigene Wirtschaft in Grenzen zu halten, kommentierte Volker Treier von der Deutschen Industrie- und Handelskammer. Zölle und Gegenzölle dürften nicht in einer Spirale münden – in Handelskriegen gebe es nur Verlierer.
Ökonomen teilen diese Sicht. Die entstehende Unsicherheit wirke sich negativ auf die Investitionen von Unternehmen und die Wirtschaft im Allgemeinen aus, analysiert Samina Sultan vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). „Das dürfte auch Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks gefährden.“
Wie viel teurer die einzelnen Produkte werden, hängt unter anderem davon ab, wie hoch die Nachfrage danach ist oder ob man die Produkte leicht ersetzen kann, durch gleichwertige Produkte aus Europa, erklärt Sultan.
DPA, AFP