In dänischen Supermärkten werden Produkte europäischer Hersteller mit einem Sternchen gekennzeichnet. © Bo Amstrup/dpa
München – Vom Benzin an der Zapfsäule über das iPhone bis zum Online-Händler oder Streamingdienst – Produkte aus den USA sind aus dem Alltag kaum wegzudenken. Trotzdem will laut einer repräsentativen YouGov-Umfrage mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland im Falle eines Zollstreits keine US-Waren mehr kaufen.
Auf die Frage, ob sie sich in Bezug auf den Zollstreit vorstellen könnten, weiterhin Produkte aus den USA zu kaufen, antworteten 53 Prozent der mehr als 2000 Befragten mit „Nein, bestimmt nicht“ oder mit „Nein, wahrscheinlich nicht“. Als Hauptgrund nannten die Befragten politische Beweggründe – viele (48 Prozent) wollten die USA bewusst boykottieren. Außerdem sind viele auch nicht bereit, höhere Preise für amerikanische Produkte zu bezahlen (44 Prozent). Nur rund ein Viertel der Befragten kann sich weiterhin vorstellen, in den USA Urlaub zu machen. 37 Prozent schließen dies aus oder halten es für unwahrscheinlich. Ob die Menschen auch zu einem Verzicht auf Google-Suchen, Instagram-Posts, WhatsApp-Nachrichten, Netflix-Filme oder Bestellungen bei Amazon bereit wären, ließ die Umfrage offen.
Auch die US-Verbraucher dürften unter den Maßnahmen leiden: Die Verbraucherpreise in den USA werden nach Ansicht von Zentralbankern wegen der Zölle ansteigen. „Es scheint unausweichlich, dass die Zölle die Inflation in naher Zukunft erhöhen werden“, sagte Susan Collins, Präsidentin der Zentralbank von Boston. Alberto Musalem, Zentralbankchef von St. Louis, schätzte den Anstieg der Preissteigerung auf 1,2 Prozentpunkte.
Doch auch die europäische Wirtschaft würde die Zölle deutlich spüren: Eine am Freitag veröffentlichte Analyse der Unternehmensberatung Kearney ergibt ein Risiko von bis zu 17,1 Milliarden Dollar Umsatzverlust für Hersteller und Zulieferer. Bis zu 30 000 Arbeitsplätze könnten demnach wegfallen. „Rund 640 000 Fahrzeuge werden jährlich aus Europa in die USA exportiert“, erklärte Nils Kuhlwein von Kearney.
Vor allem die deutschen Autoexporte in die USA würden nach Berechnungen der Unternehmensberatung Deloitte stark einbrechen. Die Ausfuhren von Fahrzeugen und Autoteilen in die USA könnten um bis zu 29 Prozent sinken. Das würde einem Minus von 8,2 Milliarden Euro entsprechen. Insgesamt hätten die deutschen Hersteller im vergangenen Jahr 1,3 Millionen Pkw in den Vereinigten Staaten verkauft, sagte Harald Proff, Leiter der Deloitte-Autosparte.
Demnach könnten die bereits mit eigenen Werken in den USA vertretenen deutschen Autohersteller ihre Produktion nicht einfach dorthin verlagern, da die dortigen Werke bereits zu 70 Prozent ausgelastet seien. „Hier wären erhebliche Investitionen in neue Produktionskapazitäten notwendig.“