Isar startet – und fliegt 30 Sekunden

von Redaktion

Die „Spectrum“-Rakete des Ottobrunner Start-ups Isar Areospace hob am Sonntag vom Andøya Space Center in Norwegen ab. Nach wenigen Sekunden geriet die Rakete ins Taumeln und stürzte ab. © Isar Aerosp. (o., u. li.), Screenshots (u.): Youtube/Isar Aerosp.

Berlin/München – Seit sieben Jahren arbeitet das Start-up Isar Aerospace aus Ottobrunn im Landkreis München am Bau einer Rakete, gestern war es endlich so weit: Die Rakete „Spectrum“ sollte in Norwegen zu ihrem ersten Testflug starten. Zuvor war der Start wegen des Wetters mehrfach verschoben worden.

Doch am Sonntag waren die Bedingungen auf der norwegischen Insel Andøya offenbar optimal. „Nervös, aufgeregt und sehr stolz“ sei sie, erzählte eine Raumfahrtingenieurin, die von Anfang an in der Firma arbeitet, wenige Minuten vor dem Start. Die Rakete war da schon aufgetankt und stand an der Startrampe, während die Triebwerke noch einmal gekühlt wurden.

Dass die Rakete beim ersten Testflug wirklich den Orbit erreichen wird, damit rechnete das Unternehmen erst gar nicht. „Wir versuchen, möglichst viele Daten und Erfahrungen zu sammeln“, erklärte die Ingenieurin noch vor dem Start. Die „Spectrum“-Rakete ist 28 Meter lang und hat einen Durchmesser von zwei Metern. Je nachdem, welchen Orbit sie anstrebt, beträgt die Last, die sie befördern kann, 700 bis 1000 Kilo.

Kurz nach 12.30 Uhr hob die „Spectrum“-Rakete auf der norwegischen Insel gestern zum ersten Mal ab. Am Anfang ging es gerade hoch, dann drehte sie sich – und die Rakete stürzte ins Meer. Nur rund 30 Sekunden dauerte der Flug, der live im Internet übertragen wurde. Er war eine Premiere: Zum ersten Mal ist eine orbitale Trägerrakete in Kontinentaleuropa gestartet – und das auch noch eine kommerziell finanzierte.

Bei Isar Aerospace zeigten sich die Verantwortlichen trotz des Absturzes zufrieden. „Unser erster Testflug hat alle unsere Erwartungen erfüllt und war ein voller Erfolg“, sagte Mitgründer Daniel Metzler. „Wir hatten einen sauberen Start, 30 Sekunden Flug und konnten auch noch unser System testen, zum Flugabbruch testen.“ Das Unternehmen betonte, dass sich das Personal dank der strengen Sicherheitsvorkehrungen jederzeit in Sicherheit befunden habe. Auch die Startrampe schien intakt geblieben zu sein. Mit den Daten will Isar Aerospace die Nachfolgeraketen verbessern. „Spectrum 2“ und „3“ werden bereits in der Fabrik in Ottobrunn gefertigt.

Isar Aerospace arbeitet wie die Rocket Factory Augsburg (RFA) und HyImpulse aus Neuenstadt in Baden-Württemberg an sogenannten Microlaunchern – das sind Raketen um die 30 Meter Höhe und mit etwa zwei Metern Durchmesser. Sie sind etwa halb so groß wie eine Ariane 6 der europäischen Raumfahrtbehörde Esa und sollen günstig in Masse gefertigt werden.

Deutschland ist bei solchen Raketen in Europa führend. Der „Spectrum“-Start war der erste dieser Art. RFA plant den Jungfernflug für dieses Jahr vom Saxavord Spaceport von den Shetlandinseln in Schottland. HyImpuls braucht noch etwas.

Mit Microlaunchern lassen sich Satelliten in eine Umlaufbahn von etwa 500 Kilometer über der Erde bringen, den Low Earth Orbit (Leo). Zahlreiche Firmen wollen aus dem All Autos vernetzen, vor Waldbränden auf der Erde warnen oder schnelles Internet anbieten. Genauso lassen sich mit den Raketen militärische Satelliten mit den Raketen ins All befördern. Roland Berger und der Industrieverband BDI rechnen damit, dass der weltweite Markt für Weltraum-Anwendungen bis ins Jahr 2040 auf jährlich 1,25 Billionen Euro wachsen wird.

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