Gegen die Kapitalmärkte (im Bild Händler an der Wall Street) kann auch ein US-Präsident nicht lang regieren. Zumal Anleger begannen, massenhaft Staatsanleihen abzustoßen. © CLARY, afp
Brüssel – Teile des Welthandels bekommen voraussichtlich eine Atempause von 90 Tagen: Sowohl die USA als auch die EU setzen einige Sonderzölle vorerst nicht in Kraft. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte gestern in einem knappen Statement an, erst tags zuvor beschlossene Gegenmaßnahmen für knapp drei Monate auf Eis zu legen.
Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump nach großen Turbulenzen an den Aktien- und Finanzmärkten überraschend entschieden, vielen Staaten 90 Tage lang eine Pause von bestimmten Zöllen zu gewähren. Ausgenommen ist China. Trump erhöhte den Zollsatz auf Einfuhren aus China mit sofortiger Wirkung noch einmal – von 104 auf 125 Prozent.
Als Reaktion auf die US-Entscheidung, die Zölle für die meisten anderen Länder auszusetzen, hat der deutsche Aktienmarkt kräftig zugelegt. Zuvor hatten schon die Aktienbörsen an der New Yorker Wall Street und in Ostasien zur Aufholjagd angesetzt. Das deutsche Börsenbarometer Dax gewann rund fünf Prozent dazu, zum Handelsauftakt waren es sogar acht Prozent.
Ein US-Senator hat nach Donald Trumps Zurückrudern bei seinen Zöllen auf ausländische Waren eine Untersuchung zu möglichem Insiderhandel gefordert. „Wer in der Regierung wusste von Trumps Kurswechsel bei den Zöllen im Voraus? Hat jemand Aktien gekauft oder verkauft und auf Kosten der Öffentlichkeit profitiert?“, schrieb der demokratische Senator Kaliforniens, Adam Schiff, auf X. Er kündigte an, dem Weißen Haus zu schreiben, um Antworten zu erhalten.
Trump selbst sagte zur Begründung für sein überraschendes Umschwenken, „die Leute“ seien etwas unruhig und „ein bisschen ängstlich“ geworden. Es gelte eben: „Man muss flexibel sein.“ Allerdings könnte auch Trump selbst nervös geworden sein. Er habe von den Finanzmärkten, aber auch von einzelnen Unternehmern großen Druck bekommen, den er nicht ignorieren konnte, war zu hören.
Hintergrund der Manipulations-Anschuldigung ist ein Post des US-Präsidenten Donald Trump wenige Minuten nach der Öffnung der New Yorker Börse am Mittwoch auf Truth Social. Darin schrieb Trump, es sei ein „großartiger Zeitpunkt“, Aktien zu kaufen. Nur wenige Stunden später setzte er dann die Zölle aus, was zu der Rally an den Börsen führte, zum Beispiel gewann der Technologieindex Nasdaq 100 zwischenzeitlich rekordverdächtige 12 Prozent.
Die Papiere des Autobauers Tesla, der vom Trump-Verbündeten Elon Musk geführt wird, legten um 22,7 Prozent zu. Musk soll sich für eine Aussetzung der hohen Zusatzzölle eingesetzt haben. Auch hier hallt nach, dass Handelsminister Lutnick vor einigen Tagen live im Fernsehen die Bürger dazu aufgerufen hatte, Tesla-Aktien zu kaufen, weil sie nie wieder günstiger sein würden.
Mehrere Demokraten aus dem US-Kongress halten all das für ein abgekartetes Spiel. Trump sei „in das größte Marktmanipulationsprogramm der Welt“ verwickelt.