Im wichtigen Kakao-Anbaugebiet Ghana brach die Ernte zuletzt um 50 Prozent ein. Über drei Viertel des Kakaos in Deutschland kommen aus der Elfenbeinküste und Ghana. © c. Peters, dpa
München/Sefwi Wiawso – Wer dieses Jahr Schokolade fürs Osternest kauft, zahlt deutlich mehr und bekommt weniger. Rekordpreise für Kakao auf dem Weltmarkt schlagen sich bei Schoko-Hasen, -Küken und Co. nieder. „Wir sehen den Schokoladenmarkt vor einer Teuerungswelle, wie sie in der jüngeren Geschichte kaum vorgekommen ist“, warnt die Investmentbank J.P. Morgan.
Nach Daten des Statistischen Bundesamts bekommen die Verbraucher in Deutschland für jeden Euro ein Drittel weniger Schokolade als vor fünf Jahren. Der beliebte „Goldhase“ von Lindt schlägt erstmals mit über vier Euro zu Buche. Tafeln sind im Schnitt fast ein Drittel teurer als im Vorjahr, wie Zahlen des Marktforschers NIQ für das erste Quartal zeigen. Die Alpenmilch-Sorte von Ritter Sport kostet statt 1,49 nun 1,89 Euro. Und Verbraucherschützer kürten „Milka“ des Konzerns Mondelez jüngst zur „Mogelpackung des Monats“: Während die lila Tafel von 100 auf 90 Gramm schrumpfte, wuchs der Preis von 1,49 auf 1,99 Euro.
Die Zeiten günstigen Kakaos sind Experten zufolge wohl endgültig vorbei. Westafrika, wo gut drei Viertel aller Bohnen herkommen, spürt den Klimawandel. Wetterextreme, Schädlinge und Misswirtschaft treiben den Preis. Die Ernte in Ghana brach 2024 um fast die Hälfte ein – die schlechteste in zwei Jahrzehnten – und erholt sich in diesem Jahr weniger als erhofft. Auch die Elfenbeinküste meldete herbe Rückgänge. Die Tonne Kakao wurde 2024 für bis zu rund 12 000 Euro gehandelt, sechsmal so teuer wie vor wenigen Jahren.
Kakao ist empfindlich. Zu heiß, zu feucht, zu wenig Regen, zu viel Wind: Alles kann die Ernte ruinieren. Das Wetter in Westafrika, wo sich Wüstenwind und Regenmonate abwechseln, war lange perfekt. Nun wird es unberechenbar. „In 20 oder 30 Jahren kommt möglicherweise gar kein Kakao mehr aus Westafrika“, sagt der britische Rohstoffexperte Tedd George. „Selbst bei moderaten Erwärmungsszenarien wird es zu trocken und zu aufwendig.“
In diesem Jahr regnete es in Ghana zu spät und zu wenig. Vor der letzten Saison kam der Regen zu früh, Pilze und Schädlinge machten sich in den Bäumen breit. In Ghana mussten vorletztes Jahr nach Brancheninformationen rund 13 Millionen erkrankte Kakaobäume abgeholzt werden. Bis neue Bäume Früchte tragen, dauert es bis zu fünf Jahre. Überalterten Bestand rechtzeitig zu ersetzen, können sich viele Bauern nicht leisten. Von den Supermarktpreisen bekommen Kakaobauern gerade einmal neun Prozent, heißt es in einer Studie von 2022. „Kakao ist ein Markt, in dem die Erzeuger ein sehr wertvolles Gut produzieren, aber nur einen sehr kleinen Anteil an der tatsächlichen Wertschöpfung erhalten“, sagt auch Agrarrohstoff-Strategin Tracey Allen von der US-Investmentbank J.P. Morgan.
Ghanas Kakaobehörde kauft den Bauern die Bohnen für etwa 70 Prozent des erwarteten Preises für die Saison ab. In diesem Jahr sind das etwa 3000 Euro pro Tonne. Die Kakaomasse wird Marktexperten zufolge für rund 20 000 Euro weiterverkauft. Der Supermarktpreis für eine Tonne „Goldhase“ von Lindt liegt bei rund 43 000 Euro. Man habe die Preissteigerungen weitergeben müssen, teilte eine Sprecherin mit.
Für Schokoladen-Liebhaber sieht Kakaoexperte Tedd George ein erschreckendes Szenario: Die Süßigkeit selbst könnte sich ändern. „Sie wird immer noch genauso aussehen, aber sie wird weniger und schlechteren Kakao enthalten“, meint er. Hersteller experimentieren schon jetzt mit Rezepten, um Kakaobutter etwa durch Baumwollsamenöl zu ersetzen.
Chocolatiers beeilen sich zu betonen, dass das für sie nicht zur Debatte stehe. „Dass sich mit diesen Ersatzprodukten Schokolade machen lässt, die die damit verbunden Genussmomente auslöst, sehen wir aktuell nicht“, sagt eine Sprecherin von Ritter Sport.
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