China rüstet sich zum Handelskrieg: Der Binnenkonsum des riesigen Landes ist kräftig gewachsen und könnte die Folgen von Exporteinbrüchen mildern. © Adek Berry/AFP
Washington/Peking – Die chinesische Wirtschaft hat sich im ersten Quartal gut entwickelt. Mit 5,4 Prozent Wachstum übertraf sie die Erwartungen, was jedoch zu einem großen Teil an vorgezogenen Exporten in Erwartung von US-Zöllen liegen dürfte. Der Ausblick ist nicht rosig: „Die Einführung hoher Zölle durch die USA übt einen gewissen Druck auf den Außenhandel und die Wirtschaft aus“, räumte Sheng Laiyun von der Nationalen Statistikbehörde am Mittwoch ein. Nach vorläufigen Schätzungen lag das Bruttoinlandsprodukt in den ersten drei Monaten des Jahres bei 31,9 Milliarden Yuan (rund 3,8 Milliarden Euro). Im vorherigen Quartal hatte das Wachstum 5,1 Prozent betragen. Für das Gesamtjahr strebt Peking weiterhin eine Wachstumsrate von fünf Prozent an. Wie die Statistikbehörde weiter mitteilte, stieg die Industrieproduktion im ersten Quartal um 6,5 Prozent. Die Einzelhandelsumsätze – ein wichtiger Indikator für die Verbrauchernachfrage – stiegen demnach im Jahresvergleich ebenfalls um 4,6 Prozent.
US-Präsident Donald Trump plant derweil eine weitere Eskalation im Handelskrieg: Er ordnete gestern eine Untersuchung an, die zu neuen Zöllen auf für Laptop- oder Handy-Produktion wichtige Rohstoffe wie Kobalt, Lithium und Nickel und Seltene Erden führen könnte. Die Abhängigkeit der USA von ausländischen Quellen für diese Rohstoffe berge „potenzielle Risiken für die nationale Sicherheit, die Verteidigungsbereitschaft, Preisstabilität sowie den wirtschaftlichen Wohlstand und die Widerstandsfähigkeit“, heißt es in der Anordnung.
Auch auf Produkte, für deren Herstellung solche Rohstoffe teils notwendig sind, werden entsprächende Strafzölle geprüft, etwa E-Autos, Smartphones und Windkraftanlagen. Das zielt vor allem auf China, das die globalen Lieferketten für Seltene Erden dominiert.
Die Regierung des Bundesstaats Kalifornien legte derweil wegen der Trump-Zölle Klage ein. Diese richtet sich neben anderen Regierungsmitgliedern auch gegen Trump selbst. Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom und Generalstaatsanwalt Rob Bonta argumentieren, dass der Präsident seine verfassungsmäßigen Befugnisse überschreite.
Ökonomen gehen davon aus, dass Trump im eskalierenden Handelskrieg am Ende der große Verlierer sein könnte. Adam Posen, der Chef des renommierten New Yorker Peterson-Instituts, erklärt, dass die amerikanischen Abnehmer Rohstoffe, Elektronikteile oder Arzneimittel, die Peking heute in großer Menge über den Pazifik schifft, kaum aus anderen Quellen beschaffen können, schon gar nicht kurzfristig in den benötigten Mengen und zu heutigen Konditionen. Trumps Zölle würden deshalb unvermeidlich zu steigenden Preisen und Kosten für Unternehmen und Verbraucher sowie zu sinkender Produktion führen.
China könne die Verluste, die es durch die ausfallenden US-Verkäufe hinnehmen müsse, leichter abfedern. Die Volksrepublik kann ihre US-Exporte in die EU oder andere Staaten umlenken, einen Großteil der ausfallenden US-Güter selbst produzieren oder ihre enormen Ersparnisse nutzen, um den heimischen Konsum anzukurbeln. China büße im Handelskrieg mit den USA keine „lebensnotwendigen Güter“ ein, sondern „lediglich Geld“, urteilt Posen. Das aber lasse sich viel leichter ersetzen, weshalb China keine größeren Probleme haben werde, sich „an die neue Lage anzupassen“.
Die „Atombombe“ Chinas im Handelskrieg mit den USA sind jedoch die Staatsanleihen: China hält 760 Milliarden US-Dollar an US-Anleihen, indirekt wahrscheinlich noch weit mehr. „Wenn der chinesische Staat sagen würde, wir verkaufen jetzt einen großen Teil dieser amerikanischen Staatsanleihen, dann würde der Wert auch anderer Staatsanleihen generell in den USA massiv an Wert verlieren“, erklärt der Ökonom Marcel Fratzscher gegenüber dem Manager Magazin. „Die Zinsen würden durch die Decke schießen, der amerikanische Staat müsste sehr viel mehr Zinsen auf seine Schulden zahlen. Auch Unternehmen müssten deutlich mehr Zinsen auf Kredite zahlen. Und das könnte die amerikanische Wirtschaft in die Rezession treiben und damit Arbeitsplätze zerstören und viel Wohlstand kosten.“
China könne diese Anleihen „Stück für Stück verkaufen“ und so zunehmend den Druck erhöhen und die Zinsen immer weiter nach oben treiben. „Und das könnte eben auch dazu führen, dass es zu einer Panik kommt, nicht nur in den Märkten für amerikanische Staatsanleihen, sondern auch für Unternehmensanleihen. Und damit könnte auch eine Finanzkrise letztlich die Konsequenz sein, mit katastrophalen Konsequenzen für die USA, aber vor allem auch für alle anderen Länder der Welt genauso auch für Deutschland“, so Fratzscher.
MIT AFP