Lufthansa will US-Turbulenzen trotzen

von Redaktion

Flugkapitän Thomas Jahn (l.) steuert den Erstflug des A380 nach Colorado. © Bettina Rittberger

Ungewöhnlich herzlicher Empfang: Der A380 aus München landet am Mittwoch zum ersten Mal in Denver. Ganz rechts: Lufthansa-USA-Chef Dirk Janzen.

Denver – Man ist auf eine ruppige Begrüßung eingerichtet, schroffe Worte vom Grenzer vielleicht – und dann das. Als das Flugzeug landet, stehen hunderte Schaulustige Spalier, busweise aufs Vorfeld gebracht, sie winken mit Deutschland-Fähnchen und klatschen. Mehrere Kamerateams filmen. Die Gepäckabfertiger am Nachbargate lassen die Koffer stehen und staunen. Der Grenzbeamte hat schon eine bohrende Frage, aber nur eine: Wie ist dieses Flugzeug?

Denver, diesen Mittwoch: Ein Airport ist aus dem Häuschen. Zum ersten Mal in der Geschichte des Flughafens in Colorado ist ein A380 gelandet. Die Lufthansa nimmt ab sofort täglich die Zehn-Stunden-Strecke von München auf. Das größte Passagierflugzeug der Welt, 509 Plätze, steuert jetzt Colorado an. „This is a big deal“, sagt der Flughafen-Chef ehrfürchtig, man hat die „Denver Cookie Company“ hunderte Lebkuchenherzchen zum Erstflug backen lassen.

Für die Großstadt im einst wilden Westen ist das wirklich ein big deal, ein großes Ding. Man möchte meinen, der Riesen-Umsteige-Airport in der Prärie mit sechs Startbahnen (siebte wird geplant, da staunt der mitreisende Münchner Flughafen-Chef Jost Lammers) habe schon jede Maschine dieser Welt gesehen; mitnichten. Dass aus Bayern nun der A380 täglich anfliegt, ist auch ein antizyklisches Signal. Denn eigentlich sind die Nordamerika-Verbindungen, allein bei Lufthansa 400 pro Woche, gerade in politisch-wirtschaftliche Turbulenzen geraten.

Diese Woche räumte Lufthansa-Chef Carsten Spohr ein, es zeichne sich gerade bei Economy-Buchungen ein schwierigeres Quartal 3 ab. An vielen Küchentischen werde der USA-Urlaub hinterfragt: „Ob wir jetzt wirklich dahin wollen, wissen wir noch nicht.“ Er rechnet wegen der Berichte über Grenz-Abweisungen, wegen der politischen Verwerfungen um Trump und auch wegen des womöglich einbrechenden Handels mit zumindest kurzfristigeren Buchungen.

Vorerst ist das für die Lufthansa kein Einschnitt, lediglich ein gebremstes Wachstum bei konstanten Preisen. Im letzten Jahr ging es für die Airline über den Atlantik ja bei den Buchungen steil bergauf, sagt Spohrs Nordamerika-Chef Dirk Janzen im Gespräch mit unserer Zeitung. Diese Routen seien für die Airline extrem wichtig. Derzeit laufe es stabil. „Es gibt eine gewisse Verunsicherung der letzten Wochen. Die Frage ist: Wie lange dauert das an? Wir sind optimistisch.“

Was Strecken wie von München an den Fuß der Rocky Mountains stärkt: Leicht über 50 Prozent der Buchungen kommen aus dem US-Markt. Und bei den Privatreisenden sind die teureren, hochlukrativen Klassen nach wie vor voll. Der A380 etwa hat ja 52 Sitze in der Premium Economy, 78 Business und acht First. Was in der Summe aber auch heißt: Es sind 70 Prozent mehr Plätze zu füllen als mit den bisher geflogenen A350. Und dem Konzern insgesamt hilft laut Spohr der gesunkene Kerosin-Preis (600 Millionen Euro Einsparung im Jahr) und die Abwertung des Dollar zum Euro.

Bis September ist die Denver-Strecke mit dem A380 gesichert, vor Ort feiern sie das als „wichtiges Signal für alle, die an transatlantische Freundschaft glauben“. Die beiden großen Umsteige-Hubs Denver und München sind ja auch enge Partner. In München sind die acht A380 stationiert, Ziele New York, Boston, Delhi, Washington, Los Angeles. Zwei Monate lang hat Flugkapitän Thomas Jahn die buttersanfte Landung vorbereitet, gemessen, gerechnet, „damit wir nicht mit der Flügelspitze im Terminal landen“. Den Erstflug der nach Corona reaktivierten zweistöckigen Maschine mit 80 Meter Spannbreite steuert der Münchner, 59, selber. „Das ist schon was Besonderes, ein Riesenflugzeug“, erzählt er unterwegs.

Er und seine 23-köpfige Crew, die am Samstag wieder in München landen, sorgen derweil auch in Denvers City für Aufsehen. Komplett in bayerischer Tracht, der Kapitän in Lederhosen, stürzen sie sich ins Nachtleben der Stadt.

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