Heizkosten an der Börse

von Redaktion

Was das fossile Heizen in Zukunft kostet, hängt nun auch vom Börsenpreis der Kohlendioxid-Zertifikate ab. © dpa

München – Wie sich die Energiekosten für Privathaushalte in den kommenden Jahren entwickeln könnten, lässt sich neuerdings an der Börse ablesen. Am US-Handelsplatz ICE werden jetzt Verträge angeboten, die die Preise beeinflussen, die die Bürger in einigen Jahren für Benzin und fossile Heizwärme zahlen. Die Organisation Germanwatch mahnt deshalb „gezielte Unterstützungsangebote für finanziell schwächere Haushalte“ an.

Seit Anfang Mai sind Terminkontrakte für europäische Kohlendioxid-Zertifikate an der ICE handelbar. Ein solcher Vertrag gibt heute den Preis wieder, den ein Zertifikat zum Beispiel 2028 kosten wird. Dieser Preisfindungsmechanismus soll in einigen Jahren den heute noch politisch festgelegten Kohlendioxidpreis ablösen, der auf Benzin und Heizwärme aufgeschlagen wird.

Die Verträge stellen gleichzeitig einen Vorgriff dar auf das neue EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS-2), das 2027 oder 2028 starten soll.

Die EU wird dann Emissionszertifikate als Erlaubnis für den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid versteigern, die Produzenten und Händler von Benzin, Gas und Öl nachweisen müssen. Die Anzahl dieser Zertifikate wird mit den Jahren sinken, ihr Preis deshalb steigen. Der Sinn der Sache: Fossile Energie soll teurer werden, damit die Privathaushalte und Unternehmen auf klimafreundliche Treibstoffe und Heizenergie umsteigen.

Neben dem kommenden ETS-2 existiert bereits der ETS-1 für Kraftwerke und große Industrieunternehmen. Außer bei den Versteigerungen können sich die Produzenten und Händler von Öl und Gas die Zertifikate künftig auch im Börsenhandel besorgen. Diese Geschäfte haben jetzt bei der US-Börsenfirma ICE schon begonnen.

Auch die Leipziger Börse EEX plant, „am 7. Juli 2025 neue Terminkontrakte für das EU-Emissionshandelssystem 2 einzuführen“. Für die Anbieter fossiler Energie dient der Handel unter anderem dazu, bereits heute einen Preis für die Zertifikate festzulegen, die sie erst in Zukunft brauchen. Sie gewinnen damit eine gewisse Sicherheit über ihre späteren Kosten. Denn der Preis kann in den Versteigerungen und im künftigen kurzfristigen Börsenhandel schwanken. Die ersten Preise an der ICE lagen bei 70 bis 80 Euro pro Tonne Kohlendioxid-Ausstoß. Für das tatsächliche spätere Niveau ist das aber nur ein Indiz, weil augenblicklich erst wenige Verträge gehandelt werden.

CO2-Aufschlag aktuell bei 16 Cent je Liter Sprit

Momentan wird der Kohlendioxidpreis für Benzin und fossile Heizwärme noch politisch definiert: Hierzulande beträgt er jetzt 55 Euro pro Tonne Kohlendioxid. Je Liter Benzin bedeutet das nach Angaben des ADAC einen Aufschlag in der Größenordnung von 16 Cent, den die Autofahrer mitbezahlen. Das sind etwa zehn Prozent des aktuellen Benzinpreises. Bei Heizgas macht der Aufschlag einen ähnlichen Anteil aus – etwa 1,2 Cent pro Kilowattstunde. Je zehn Euro mehr pro Tonne Kohlendioxidausstoß kann der Benzinpreis um 2,8 Cent pro Liter und der Gaspreis um 0,2 Cent pro Kilowattstunde zunehmen, erklärt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).

In dieser Hinsicht kann man die 70 bis 80 Euro für den Terminkontrakt an der Börse ICE als Warnsignal begreifen: Auch für die Privathaushalte erscheint später ein deutlich höherer Kohlendioxidpreis als jetzt möglich. Deshalb rät Germanwatch der neuen Bundesregierung zu Maßnahmen, die die Auswirkungen für die Verbraucher im Rahmen halten.

Das wäre beispielsweise ein Klimageld, das Haushalte mit niedrigeren Einkommen als staatlichen Zuschuss zu ihren Ausgaben für Mobilität und Heizen erhalten könnten. Laut Koalitionsvertrag plant die Regierung aus Union und SPD das bisher jedoch nicht. Allerdings ist allgemein die Rede davon, die Einnahmen aus dem CO2-Preis an die Bürger zurückzugeben.

„Der ETS-2 muss sozialpolitisch flankiert werden“, schreibt der BDEW. Er plädiert „für ein Maßnahmenpaket aus Stromsteuer- und Netzentgelt-Senkung sowie Förderprogrammen“ für einkommensschwachse Haushalte.

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