Ifo-Institut: Es geht wieder bergauf

von Redaktion

1,5 Prozent Wachstum erwartet das ifo-Institut im kommenden Jahr. © Daniel Bockwoldt, dpa

München – Nach jahrelanger Krise sieht das ifo-Institut die deutsche Wirtschaft wieder im Aufschwung. Die Ökonomen des Instituts gehen davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt, also die Wirtschaftsleistung in Deutschland, in diesem Jahr um 0,3 Prozent und im kommenden Jahr um 1,5 Prozent wachsen wird. Damit korrigierte das ifo-Institut die erwarteten Wachstumsraten kräftig nach oben – um 0,1 Prozentpunkte für dieses Jahr und um 0,7 Prozentpunkte für 2026. Die Inflation dürfte sich normalisieren (siehe Grafik).

Deutschland habe die Krise im Winter hinter sich gelassen, sagte ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser gestern in München. In den Unternehmen herrsche wieder mehr Optimismus. „Die Stimmung ist insgesamt immer noch schlecht, aber die Aufhellung ist da.“ Auch aus der Bauwirtschaft und dem verarbeitenden Gewerbe kämen positive Signale. Die Arbeitslosenquote werde in diesem Jahr ihren Höhepunkt erreichen.

Wollmershäuser sagte, die deutsche Wirtschaft sei „mit Schwung“ ins neue Jahr gestartet und verwies auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes: Im ersten Quartal war das BIP überraschend stark um 0,4 Prozent zum Vorquartal gewachsen. Als Grund für die Erholung zu Jahresbeginn nannte Wollmershäuser die vorgezogenen Exporten in die USA angesichts des sich abzeichnenden Handelsstreits mit den USA sowie ein Anziehen des privaten Konsums. Wollmershäuser begründete die neue Einkaufslust in Deutschland mit starken realen Einkommenszuwächsen.

Haupttreiber des erwarteten Aufschwungs dürften nach Ansicht des Ökonomen die geplanten Maßnahmen der neuen Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) sein. Wollmershäuser verwies auf die geplante Ausweitung der Infrastruktur- und Verteidigungsausgaben über neue Schulden sowie Entlastungen durch beschleunigte Abschreibungen, Steuersenkungen, geringere Netzentgelte und eine höhere Pendlerpauschale. Wollmershäuser betonte, dass ein Aufschwung bereits zu Zeiten der Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP möglich gewesen wäre, sofern die Wirtschaft damals mit entsprechenden Ausgaben stimuliert worden wäre.

Die Milliarden-Ausgaben für Infrastruktur und Verteidigung sollen über Staatskredite finanziert werden, Ausnahmen von der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse waren noch vom alten Bundestag mit den Stimmen von Union, SPD und Grünen beschlossen worden. Zu Zeiten der Ampel-Regierung scheiterte die Aufnahme neuer Schulden am Widerstand der FDP, auch die damaligen Oppositionsparteien CDU und CSU sprachen sich dagegen aus, erst nach der gewonnenen Bundestagswahl folgte die Kehrtwende.

Im Jahr 2020 war die deutsche Wirtschaft mit Beginn der Corona-Pandemie in die Krise geschlittert. Zwar folgte nach den Lockerungen der Pandemie-Restriktionen eine Aufwärtsbewegung, nach Beginn des Ukraine-Krieges im Jahr 2022 ging es angesichts hoher Energiepreise wieder steil bergab. Es folgte ein Auf und Ab auf niedrigem Niveau. Wollmershäuser sprach von einer „Wellblechkonjunktur“ – die längste Stagnationsphase seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Dass Deutschland jetzt ein dauerhafter Aufschwung bevorsteht, ist aber noch nicht endgültig ausgemacht: Die positive Konjunkturprognose des ifo-Instituts unterstellt, dass US-Präsident Donald Trump den Zollstreit nicht weiter eskalieren lässt. Auch wird angenommen, dass die Bundesregierung ihre geplanten Vorhaben auch tatsächlich umsetzt.

Andere Forschungsinstitute haben ihre Wachstumsprognosen gestern ebenfalls nach oben korrigiert. Das RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen und das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) gehen nun ebenfalls von 0,3 Prozent Wachstum im laufenden Jahr aus, im Jahr 2026 dürfte die deutsche Wirtschaft demnach und 1,5 bis 1,6 Prozent wachsen. Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) prognostiziert in ihrem gestern veröffentlichten Deutschland-Bericht für das laufende Jahr ein Wachstum von 0,4 Prozent und 1,2 Prozent für 2026.

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