Sägen am Verbrenner-Aus

von Redaktion

Die Tage des Verbrenners sollten gezählt sein. Doch jetzt zeichnet sich eher ein Ende der Verbotsdebatte ab. © Oliver Berg, dpa

Brüssel – Verbände und Politiker aus Bayern wollen das für 2035 geplante Verbrenner-Aus in der EU abräumen und unterstützen dabei den deutschen Autoverband VDA. „Wir befürworten das 90-Prozent-Ziel des VDA“, sagte der EU-Parlamentarier Markus Ferber (CSU) auf einer Veranstaltung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) in Brüssel. Der VDA hatte vergangene Woche verlangt, die CO2-Emissionen von Pkw bis 2035 nur um 90 Prozent statt wie geplant um 100 Prozent zu senken. Eine Reduktion um 100 Prozent käme einem faktischen Verbrenner-Verbot gleich. Auch der einflussreiche bayerische Wirtschaftsverband vbw spricht sich dafür aus, die Klimaziele für die Autobranche aufzuweichen. Die Branche brauche Technologieoffenheit, um künftig zu bestehen, erklärte vbw-Chef Bertram Brossardt auf der Veranstaltung.

CSU erwartet Mehrheit für Rolle rückwärts

Die Autobranche wittert die große Chance, das Verbrenner-Aus wieder zu kippen. Im Wahlkampf hatte die Union genau das versprochen. Nun sitzt Friedrich Merz im Kanzleramt, seine Parteikollegin Ursula von der Leyen leitet die EU-Kommission und Manfred Weber von der CSU die konservative EVP-Fraktion im Europaparlament. Die EU-Länder, die EU-Kommission und das EU-Parlament müssten der Kehrtwende zustimmen. Hinter den Kulissen heißt es deshalb: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Auch in der CSU gibt man sich siegesgewiss. „Ich bin mir sicher, dass wir die benötigten Mehrheiten für die Abschaffung des Verbrennerverbots finden“, betont Europaparlamentarier Ferber.

Ein erster Schritt ist bereits getan. Im Frühjahr hatte von der Leyen einen „Aktionsplan Automobil“ vorgestellt, um die Autobranche aus der Krise zu führen – auf Druck des Wahlsiegers Merz, wie es in Brüssel heißt. In dem Plan sind dreijährige Übergangsfristen vorgesehen, damit es für die Autobauer leichter wird, die Abgasziele einzuhalten. Außerdem wurde eine Überprüfung des Verbrenner-Verbots von 2026 auf Herbst 2025 vorgezogen. Das sei „ein pragmatisches Vorgehen“ und ein „anderer Stil“, lobte Brossardt. Dennoch seien weitere Maßnahmen nötig, um den Autobau in Bayern zu unterstützen und eine Trendwende einzuleiten, so der Verbandschef. „Es tut sich etwas, aber es kann noch mehr geschehen.“

Auch Hybride sollen als emissionsfrei gelten

So ärgert den Lobbyverband, zu dem viele bayerische Zulieferer sowie Hersteller wie BMW oder Audi gehören, dass die EU die CO2-Bilanz von Plug-in-Hybriden realistischer berechnen will. Für die Hersteller ist das wichtig, weil darauf die Flottenemissionen basieren, aus denen sich mögliche Milliardenstrafen für zu hohen CO2-Ausstoß ergeben. Noch werden die mit einem E-Motor und einem Verbrenner ausgestatteten Plug-in-Fahrzeuge so ausgewiesen, als würden sie fast nur mit Strom gefahren. Die Folge: auf dem Papier ein Spritverbrauch von nur einem bis zwei Litern pro hundert Kilometern, was den Autobauern hilft, ihre Flottenziele zu erreichen. Auswertungen von Forschern zeigen aber, dass Plug-in-Hybride meist weniger elektrische Reichweite als angegeben haben und zu selten geladen werden. Dem will die EU mit einer neuen Kalkulationsweise Rechnung tragen. Das hätte deutlich höhere Nennverbräuche von oft drei bis fünf Litern und womöglich auch hohe Strafzahlungen für Autobauer zur Folge. Plug-in-Hybride dürften „nicht benachteiligt werden“, heißt es deshalb von der vbw. „Die geplante Verschärfung des Nutzungsfaktor lehnen wir ab.“ Der VDA möchte sogar, dass Plug-ins mit relativ großer Reichweite künftig als reine E-Autos bilanziert werden.

Ob sich die Autobauer damit durchsetzen, ist unklar. Die Branche überziehe bei ihren Plug-in-Forderungen, heißt es selbst von Unterstützern der Autoindustrie, Regulierung sei „kein Wunschkonzert“. Noch schärfer formulieren es die Grünen im Europaparlament: Setze sich die Branche durch, würden entweder nachgewiesen falsche Berechnungsgrundlagen beibehalten oder die Emissionen im Verbrennermodus sogar komplett ignoriert, kritisiert der Michael Bloss von den Grünen im Europaparlament. Ihn erinnere das an andere Schummeleien der Autoindustrie. „Mit fragwürdigen Tricks sollen so Bürgerinnen und Bürger erneut betrogen werden.“

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