Verena Hubertz (SPD), Bundesbauministerin und Lars Klingbeil (SPD), Bundesfinanzminister wollen den Wohnungsbau wieder ankurbeln. © Kay Nietfeld/dpa
Berlin – Mit schnelleren Genehmigungen und einem Verzicht auf Bebauungspläne will die Bundesregierung den schleppenden Wohnungsneubau in Deutschland ankurbeln. Neue Sonderregelungen im Baugesetzbuch sollen dafür sorgen, dass absehbar wesentlich schneller geplant, genehmigt und gebaut wird, wie die neue Bauministerin Verena Hubertz (SPD) sagte, nachdem das Bundeskabinett ihren Gesetzentwurf auf den Weg gebracht hatte.
Die Kommunen sollen selbst entscheiden können, inwieweit sie die vorerst bis Ende 2030 geltenden Abweichungen vom Bauplanungsrecht nutzen. Heute vergehen bei der Aufstellung eines Bebauungsplans oft mehrere Jahre, wie Hubertz sagte. Neben dem Neubau soll auch die Erweiterung von Wohngebäuden und die Umwidmung von Gewerbe- zu Wohnraum leichter funktionieren.
Zum Schutz von Mietern vor allem in Ballungsräumen soll eine Regelung gegen die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen länger gelten – nämlich statt bis Ende 2025 nun bis Ende 2030. Mit dem Gesetz sollen zudem Regelungen verlängert werden, um mehr Bauland in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten auszuweisen.
Bereits die Vorgängerregierung hatte versprochen, dem Mangel von bezahlbarem Wohnraum mit 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr zu begegnen. Das Ziel wurde nie erreicht. Im vergangenen Jahr war die Zahl der neu errichteter Wohnungen sogar auf 251 900 zurückgegangen – 14,4 Prozent weniger als im Vorjahr. 2021 bis 2023 waren es jeweils 294 000. Vor allem kräftig gestiegene Zinsen und Baukosten haben Zurückhaltung von Investoren und Hausbauern verursacht. Zugleich fehlen Fachkräfte im Baugewerbe.
Inzwischen verzeichnete das Statistische Bundesamt einen leichten Aufwärtstrend mit 18 500 Wohnungen, die die Behörden im April genehmigt hatten. Das waren 4,9 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. 73 900 Wohnungsbau-Genehmigungen waren es seit Januar.
Für den Hauptgeschäftsführer der Bauindustrie, Tim-Oliver Müller, sind diese Zuwächse „zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein“. Doch gebe es nun Chancen für eine Wende. Neue Wohnungsbauprojekte könnten nun einfacher und schneller genehmigt werden. Jetzt müssten vor allem die Länder Bedingungen dafür schaffen, dass die Firmen bestimmte Baukosten reduzieren könnten.
Der Deutsche Mieterbund warnte, dass durch das Gesetz Schutzinstrumente für Mieter ausgehebelt werden könnten. Zudem forderte Bundesdirektorin Melanie Weber-Moritz, dass gemeindliche Vorkaufsrechte wiederhergestellt werden: Ein solches Recht erlaubte es Kommunen bei Wohnungsknappheit, Mietern vor Wohnungsverkauf zu bewahren.
Mieten steigen drastisch
Unterdessen wird Wohnen in deutschen Großstädten trotz Mietpreisbremse immer teurer. Einer Auswertung des Bauministeriums zufolge stiegen die Angebotsmieten in den 14 größten kreisfreien Städten seit 2015 durchschnittlich um fast 50 Prozent. Am stärksten betroffen ist demnach Berlin, wo die Neumieten mehr als verdoppelt wurden. Die Zahlen stammen vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).
Die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge forderte ein Gesamtpaket für bezahlbares Wohnen. Nötig seien eine wirksam kontrollierte Mietpreisbremse, die Streichung überflüssiger Ausnahmen, konsequenter Mieterschutz und eine neue Gemeinwohlorientierung im Wohnungsbau. „Bezahlbares Wohnen ist kein Nice-to-have, sondern Grundvoraussetzung für sozialen Zusammenhalt.“